Facebook-Gründer:Wie Mark Zuckerbergs Milliarden die Welt verbessern sollen

Zur Geburt ihrer Tochter verkünden der Facebook-Chef und seine Frau, 99 Prozent ihrer Aktien an eine Organisation zu geben, die Chancengleichheit in aller Welt fördert. Diese Großzügigkeit ist uramerikanisch.

Analyse von Matthias Kolb, Washington

Die Nachricht von Mark Zuckerbergs Riesenspende kommt an einem besonderen Tag. Am "Giving Tuesday" werben Hilfsorganisationen in den USA um Zuwendungen, damit sie ihre guten Werke tun können. Insofern mag es kein Zufall sein, dass ausgerechnet an diesem Tag die Geburt der ersten Tochter des Facebook-Gründers bekannt wird - denn aus diesem Anlass erklären Zuckerberg und seine Frau Priscilla per Facebook-Post, dass sie im Laufe ihres Lebens 99 Prozent ihrer Facebook-Aktien spenden werden.

Die Mitteilung an die Welt ist mit "Brief an unsere Tochter" (sie heißt Max, kurz für Maxima) überschrieben und liest sich typisch amerikanisch - voller Pathos. "Du hast uns einen Grund gegeben, über die Welt nachzudenken, in der du leben wirst. Wie alle Eltern möchten wir, dass du in einer besseren Welt als der heutigen aufwächst." Also werden Zuckerberg und Priscilla ihre Facebook-Anteile spenden - momentan haben diese einen Wert von 45 Milliarden Dollar.

Die beiden Ziele, die sich der 31-Jährige und seine ein Jahr jüngere Frau setzen, sind alles andere als bescheiden: Das menschliche Potenzial soll besser ausgenutzt und die Gleichheit aller Menschen gefördert werden. "Über 25, 50 oder sogar hundert Jahre" - und natürlich mithilfe neuer Technik - will sich die neue "Chan Zuckerberg Initiative" engagieren, damit künftig niemand auf der Welt in Armut und Hunger aufwachsen muss und alle gute Bildung sowie eine Krankenversicherung erhalten. Allerdings wird die "Chan Zuckerberg Initiative" laut Buzzfeed News nicht als Stiftung gegründet, sondern als LLC-Unternehmen. So kann das Geld auch an den Kapitalmärkten angelegt werden.

Auf den Spuren von Bill Gates und Warren Buffett

Mit dieser Ankündigung gesellt sich Zuckerberg, der das soziale Netzwerk 2004 als Harvard-Student gründete, zum legendären Investor Warren Buffett sowie Microsoft-Gründer Bill Gates und dessen Ehefrau Melissa. Diese hatten 2010 "The Giving Pledge" gegründet: Sie verpflichteten sich, die Mehrheit ihres Vermögens für gute Zwecke zu spenden und forderten andere Milliardäre auf, es ihnen gleichzutun - und ein entsprechendes Versprechen abzulegen.

Bereits am 9. November 2015 hatten Zuckerberg und Priscilla Chan diesen pledge schriftlich eingereicht: Der Brief (hier als PDF) ist eine Kurzfassung des Facebook-Posts. Bisher haben sich 137 Milliardäre aus 14 Ländern - darunter SAP-Gründer Hasso Plattner, Hedgefonds-Manager Paul Singer, der saudische Prinz Walid und New Yorks Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg - zur Teilnahme verpflichtet.

Das Ehepaar Gates hat zugesagt, mindestens 95 Prozent seines Vermögens zu spenden, doch "The Giving Pledge" überlässt es jedem, wie viel Geld er geben will - und sicher bleibt genug für die Kinder und Enkel übrig. Das gilt auch für Familie Zuckerberg: Ein Prozent der Facebook-Aktien ist heute 450 Millionen Dollar wert.

Diese Philanthropie ist typisch amerikanisch: Wer jemals in den USA eine Hochschule besucht hat, der sieht Räume oder ganze Gebäude, die nach Spendern benannt sind. Anders als in Deutschland kümmert sich meist nicht der Staat um Museen oder Orchester, sondern ein reicher Gönner. Es war Andrew Carnegie, der 1899 schrieb: "Der Mann, der reich stirbt, stirbt in Schande". Dahinter steckt auch der Gedanke, dass sich die Kinder und Enkel trotz ihrer privilegierten Erziehung anstrengen und selbst erfolgreich sein sollen.

Was Carnegie und Rockefeller mit ihrem Geld anstellten

Carnegie war der Bill Gates seiner Zeit: Er wurde in Schottland geboren, wanderte in die USA aus und wurde in der Stahlbranche der reichste Mann der Welt. Er gründete mehr als 3000 öffentliche Büchereien, finanzierte das New Yorker Konzerthaus Carnegie Hall, steckte viel Geld in seine Stiftung und gründete das Carnegie Institute in Pittsburgh, aus der die renommierte Carnegie Mellon University hervorging.

Neben Carnegie gilt John Rockefeller, der in der Ölindustrie reich wurde, als wichtigster Gönner der Jahrhundertwende. Rockefellers Spenden führten zur Gründung der University of Chicago sowie der Rockefeller University in New York und finanzierten Hunderte öffentliche Schulen in den Südstaaten, die vor allem schwarze Amerikaner besuchten. Das selbst gesteckte Ziel der bis heute aktiven Rockefeller Foundation, die 1909 durch die Schenkung von 73 000 Aktien von Standard Oil entstand, erinnert an Zuckerbergs Mission: "Förderung des Wohlergehens der Menschheit weltweit".

Ende des 19. Jahrhunderts war das Vermögen in den USA noch ungleicher verteilt als heute. Und Carnegies und Rockefellers unerbittliches Vorgehen ist mit dem Wort "Raubritter" nur unzureichend beschrieben: Sie bestachen Politiker, setzten Monopole durch und beuteten Arbeiter aus. Der Ruf der Wohltäterschaft überstrahlte die Geschäftspraxis und war damals wohl noch wichtiger als heute für die Gründer von Google, Facebook, Microsoft, Ebay oder Pay-Pal.

Es spricht einiges dafür, dass sich Zuckerberg und Chan an der Arbeit der im Jahr 2000 gegründeten "Bill and Melinda Gates Foundation" orientieren werden. Zwar war Gates mit 45 deutlich älter als Zuckerberg, doch der Ansatz dürfte ähnlich sein: Die Gates-Stiftung überprüft sehr genau mit Daten und Zahlen, welche Maßnahmen und Investitionen sich lohnen.

Es ist vor allem Melinda Gates, die wegen ihres mathematischen Talents sehr früh bei Microsoft angestellt wurde, die heute die Geschicke der Stiftung leitet. Dem Magazin der Süddeutschen Zeitung sagte sie im Herbst: "Wenn ich an meine Kinder denke, hoffe ich, dass sie, wenn ich gegangen bin, mal sagen werden: Die Stiftung hat was für die Frauen getan. Sie hat den Frauen geholfen aufzustehen. Denn die Frauen sind die Mittler des Wandels." Wie sich Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla die Arbeit für ihre neue Initiative aufteilen, ist noch nicht bekannt.

Was Zuckerberg schon getan hat

Dass Zuckerberg auch bei seiner Arbeit als Wohltäter stark auf Daten achten wird, liegt auch an seiner bisherigen Erfahrung. 2010 spendete er 100 Millionen Dollar, um die Schulen in der von Armut geplagten Stadt Newark in New Jersey zu verbessern. Die Initiative stieß jedoch bei Eltern, Lehrerverbänden und Bürgern von Newark auf Widerstand, was der 31-Jährige mit den Worten kommentierte: "Ich habe viel aus dieser Erfahrung gelernt." An der Westküste, wo Zuckerberg seit langem wohnt, spendeten er und seine Frau Priscilla 75 Millionen Dollar für ein Traumazentrum in einem Krankenhaus in San Francisco.

Und mit Bill Gates, den er als "Held seiner Kindheit" bezeichnet, arbeitet Zuckerberg an anderer Stelle schon zusammen: Beim Klimagipfel in Paris verpflichteten sich die beiden ebenso wie Amazon-Gründer Jeff Bezos, George Soros oder Alibaba-Chef Jack Ma, die "Breakthrough Energy Coalition" zu unterstützen.

Die Milliardäre wollen Geld bereitstellen, um in jene Unternehmen zu investieren, welche die besten Chancen haben, zuverlässige Energie mit null Kohlenstoff zu einem erschwinglichen Preis zu produzieren. Dass Zuckerberg hier mitmacht, ist logisch: Denn nur wenn die Klimaerwärmung gestoppt wird und die Welt für alle bewohnbar bleibt, können Tochter Maxima und alle anderen Kinder ihr Potenzial voll ausschöpfen - oder einfach nur glücklich werden.

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