Facebook-Gründer:Die Zuckerberg-Spende: Altruismus oder Eigennutz?

File photo of Zuckerberg sitting for audience questions in an onstage interview for the Atlantic Magazine in Washington

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg

(Foto: REUTERS)
  • Am Dienstag kündigten Mark Zuckerberg und seine Frau an, 99 Prozent ihrer Facebook-Aktien spenden zu wollen.
  • Kritiker sehen hinter der Ankündigung weniger eine selbstlose Spende, als einen eigennützigen Plan.

Von Vivien Timmler

Die anfängliche Begeisterung in den sozialen Medien war groß, als der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ankündigte, er wolle 99 Prozent seiner Aktien an dem Netzwerk an eine Stiftung geben. 99 Prozent der Zuckerberg-Aktien, das sind schließlich bei derzeitigem Kurs rund 45 Milliarden Dollar. Und 45 Milliarden Dollar für einen gemeinnützigen Zweck - das ist selbst unter den spendenfreudigen Amerikanern ein Rekord.

Fast einer Million Menschen gefällt mittlerweile der Facebook-Beitrag, in dem Zuckerberg die Spende gleichzeitig mit der Geburt seiner Tochter verkündete. Gleichzeitig werden aber auch Stimmen laut, die nicht reinen Altruismus, sondern Eigennutz hinter der großzügigen Spende sehen. Eine Sammlung von sechs Interpretationsansätzen:

Die Spende als Versuch, Steuern zu sparen

Mark Zuckerberg wird sein Geld in die "Chan Zuckerberg Initiative" fließen lassen. Das ist keine unabhängige Organisation wie beispielsweise Ärzte ohne Grenzen, sondern vielmehr eine private Stiftung. Zuckerberg hat sie gemeinsam mit seiner Frau Priscilla Chan als sogenannte Limited Liability Company (LLC) gegründet.

Kritiker werfen Zuckerberg vor, durch die Transferierung seines Vermögens in diese Gesellschaftsform gezielt seine eigenen Steuerabgaben reduzieren zu wollen:

Indem er das Geld in seine Stiftung verschiebt, kann Zuckerberg die eigentlich anfallende Kapitalertragssteuer auf diesen Teil seines Vermögens umgehen. So spende der Facebook-Gründer zwar augenscheinlich Geld, das der Allgemeinheit zugute komme - in Wirklichkeit entgehe dem US-Staat hingegen eine große Summe Steuern.

Gleichzeitig monieren Zuckerbergs Kritiker, dass die Form der Stiftung als LLC es dem Facebook-Gründer ermöglicht, lobbyistisch tätig zu werden und politische Debatten zu beeinflussen.

Zuckerberg behält selbst die totale Kontrolle

Da Zuckerberg und seine Frau die Stiftung selbst gegründet haben und ihr vorstehen, können sie ganz allein bestimmen, wohin das Geld fließen soll - sie behalten die volle Kontrolle über das gespendete Vermögen. So ist es beispielsweise aufgrund der Form der LLC möglich, das Geld auch für Investitionen in Unternehmen zu nutzen - das stößt auf Kritik:

Zwar heißt es, jegliche Gewinne aus Investments würden automatisch zurück in die "Chan Zuckerberg Initiative" fließen und in zukünftige Projekte investiert werden, auch hier würden der Facebook-Gründer und seine Frau jedoch von Steuervorteilen gegenüber einer privaten Investition profitieren und ihr eigenes Geld vermehren - selbst wenn es sich da schon "in Besitz" der Stiftung befindet.

In welche Richtung das Geld konkret gehen soll, scheint zudem noch nicht klar zu sein. In dem auf Facebook veröffentlichten Brief heißt es, es solle der "Förderung von individualisiertem Lernen, der Krankheitsbekämpfung, dem Vernetzen von Menschen und dem Aufbau von Gemeinschaften mit starkem Zusammenhalt" zugute kommen - was alles oder nichts heißen könne, so die Kritiker.

Er will die Ungleichheit wieder gutmachen, die er selbst generiert hat

45,5 Milliarden Euro beträgt das Vermögen von Mark Zuckerberg. Der Journalist Davon Maloney wirft in einem Kommentar für den Guardian die Frage auf, ob ein so wohlhabender Mann nicht sowieso schon ein Stück weit für die Ungleichheit auf der Welt verantwortlich ist - und das nun ein Stück weit wieder gutmachen will.

"Kann Philantrophie die Auswirkungen wieder gutmachen, die der Wohltäter schon allein durch das Anhäufen riesiger Mengen von Geld, Informationen und Macht auf die globale Gesellschaft ausgeübt hat?"

Maloney führt weiter aus, dass auch Zuckerberg selbst in Zukunft weiterhin genau die Ungleichheit produzieren werde, die er nun mit seiner Stiftung zu bekämpfen vorgebe, beispielsweise indem er "68 Prozent Männer und weniger als 50 Schwarze in einem Unternehmen mit mehr als 10 000 Angestellten" beschäftige.

Jeff Jarvis: Zuckerberg will die Welt verbessern

Deutlich positiver reagierten am Dienstag viele Prominente auf die Spenden-Ankündigung Zuckerbergs. Arnold Schwarzenegger und Shakira klickten schnell auf "gefällt mir", Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg gratulierte via Facebook zu Geburt und Spende und das erste, was Melinda und Bill Gates einfiel, sei schlicht "Wow" gewesen.

Der Journalist Jeff Jarvis wandte sich am Dienstag über Twitter an alle Zuckerberg-Kritiker und zeigte sich überzeugt: Mark Zuckerberg will mit seiner Spende die Welt verbessern.

Das Wettspenden der Milliardäre geht weiter

Es ist nicht das erste Mal, das Mark Zuckerberg eine große Summe seines Vermögens spendet. Bereits vor fünf Jahren schloss er sich genau wie viele andere Milliardäre der 2010 von Bill Gates initiierten "The Giving Pledge"-Kampagne an. Durch die Teilnahme verpflichten sich Wohlhabende dazu, einen großen Teil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke zu spenden. Wie viel das im Endeffekt ist, überlässt "The Giving Pledge" jedoch jedem Milliardär persönlich.

Die Kampagne wurde damals von dem deutschen Millionär Peter Krämer mit ähnlichen Arguemten kritisiert wie nun die Spenden-Ankündigung Zuckerbergs:

"Man kann in den USA bis zu einem hohen Grad Spenden von den Steuern abziehen. So haben die Reichen die Wahl: Möchte ich lieber spenden oder Steuern zahlen? Die Spender nehmen den Platz des Staates ein. Das ist inakzeptabel."

Mit der Ankündigung, er wolle 99 Prozent seiner Facebook-Anteile spenden, übertrifft Zuckerberg nun sogar das Ehepaar Gates. Die hatten sich 2010 dazu verpflichtet, mindestens 95 Prozent ihres Vermögens zu spenden - und das gegenseitige Überbieten wird damit kaum zu Ende sein.

Er spendet nicht 45 Milliarden auf einmal, sondern eine Milliarde jährlich

Zuckerberg hat keineswegs vor, die 45 Milliarden Dollar auf einen Schlag zu spenden. Das Geld wird vielmehr ratenweise an seine Initiative überwiesen: In den nächsten drei Jahren soll es jährlich jeweils bis zu eine Milliarde sein - so dass im Laufe ihres Lebens alle Facebook-Anteile gespendet seien, gab Facebook bekannt.

Doch auch nach 45 Jahren wird Zuckerberg kaum befürchten müssen, seiner neu geboren Tochter kein ausreichend großes Finanzpolster hinterlassen zu können: Schließlich ist allein das eine Prozent seiner Anteile gegenwärtig rund 450 Millionen Euro wert. Der New-York-Times-Journalist Nicholas Kristof muss sich also keine Sorgen um das Wohlergeben des Neugeborenen machen:

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