Dass Republikaner und Demokraten in den USA gemeinsame Sache machen und eine parteiübergreifende Initiative starten, ist höchst ungewöhnlich, denn so spinnefeind wie dieser Tage waren sich die beiden führenden politischen Kräfte des Landes schon lange nicht mehr.
Und doch: Einer kleinen Gruppe von Firmen ist es tatsächlich gelungen, die Widersacher zu einen und sie gemeinsam gegen sich aufzubringen - die Tech-Riesen Google, Facebook, Amazon und Apple. Ihnen allen steht ein heißer Herbst bevor, denn es ist nicht nur die Regierung in Washington, die mögliche Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht, den Datenschutz und andere Vorschriften untersuchen will. Auch die Bundesstaaten machen gemeinsam Druck.
Wie bedrohlich die Verfahren für die Tech-Konzerne am Ende werden, ist offen. Zugute kommen könnte ihnen, dass Regierung und Opposition teils unterschiedliche Ziele verfolgen. So geht es den Demokraten vor allem um die Frage, ob die Konzerne Kundendaten missbräuchlich nutzen und durch ihre Größe den Wettbewerb behindern. Für die Republikaner, insbesondere ihren starken Mann, Präsident Donald Trump, steht dagegen der Vorwurf im Mittelpunkt, Facebook und der Kurzmitteilungsdienst Twitter unterdrückten auf ihren Plattformen konservative Stimmen. Belege dafür fehlen allerdings bisher.
Dennoch: Die Verfahren sind mittlerweile so vielschichtig, dass insbesondere Google kaum so leicht davonkommen wird wie 2013. Damals hatte es schon einmal Untersuchungen der zuständigen Bundesbehörde FTC gegeben, die klären sollten, ob der Konzern seine beherrschende Stellung im Bereich der Internet-Suchmaschinen missbraucht. Die FTC stellte die Ermittlungen schließlich ein, nachdem Google einige kleinere Änderungen der Geschäftspolitik zugesagt hatte. Doch seither ist der Wind erheblich rauer geworden: So erklärte der von Trump ernannte FTC-Chef Joe Simons jüngst, er sei notfalls auch zur Zerschlagung eines Konzerns bereit, sollte das zur Wiederherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs notwendig sein.
Auch Amazon und Apple könnten stärker unter Druck geraten
Die FTC und das Justizministerium haben bereits mehrere Prüfverfahren gegen die Tech-Branche gestartet. Diese werden nun ergänzt durch zwei Vorstöße auf regionaler Ebene. So haben sich 48 der 50 US-Bundesstaaten (nur Alabama und Kalifornien fehlen), der Hauptstadtbezirk D.C. und der Freistaat Puerto Rico einer Initiative unter Führung des texanischen Generalstaatsanwalts Ken Paxton angeschlossen, die klären soll, ob Google in den Bereichen Internet-Suche und Online-Werbung zu mächtig geworden ist. Leslie Rutledge, die Generalstaatsanwältin von Arkansas, sagte, es stelle sich beispielsweise die Frage, ob der Algorithmus, mit dem Internetnutzer etwa nach einem Arzt suchten, tatsächlich neutral sei. "Ich will den besten Rat von den besten Ärzten - und nicht den Arzt oder die Klinik, die am meisten für Werbung ausgeben kann", so Rutledge.
Wie ernst es Republikanern und Demokraten mit ihrer Zusammenarbeit ist, zeigt der Umstand, dass die Prüfung von insgesamt acht Generalstaatsanwälten koordiniert wird - vier von jeder Seite. Auch der aufziehende Präsidentschaftswahlkampf erhöht den Druck auf Google & Co. So haben sich mehrere demokratische Anwärter wie Elizabeth Warren, Kamala Harris und Pete Buttigieg dafür ausgesprochen, einzelne Konzerne, falls nötig, zu zerschlagen.
Eine etwas kleinere Gruppe von knapp einem Dutzend Generalstaatsanwälten leitete derweil unter Führung der New Yorker Amtschefin Letitia James ein Prüfverfahren gegen Facebook ein. Hier geht es vor allem um die Frage, ob die Social-Media-Plattform nach den zahllosen Skandalen der vergangenen Jahre nun verantwortungsvoll mit den Nutzerdaten umgeht. Daran zweifeln viele Experten immer noch, obwohl die FTC Facebook wegen der Rechtsverstöße rund um die jüngste Präsidentschaftswahl gerade mit einer Strafe von fünf Milliarden Dollar belegte. Zudem muss sich der Konzern weiter gegen Vorwürfe wehren, er unternehme nicht genug gegen die Verbreitung von Hass-Kommentaren und Falschnachrichten. Gleich mehrere Staaten sind zudem der Auffassung, dass Facebook gemeinsam mit den Tochterunternehmen Instagram und Whatsapp den Social-Media-Markt beherrscht.
Gemeinsames Auftreten - höhere Schlagkraft
Die US-Bundesstaaten haben bei ihren Untersuchungen nicht ganz so weitreichende Befugnisse wie Bundesbehörden. Dass sie gemeinsam auftreten, stärkt jedoch ihre Schlagkraft. Mehrere Staaten machten zudem deutlich, dass auch Amazon und Apple ins Visier geraten könnten. Amazon wird vorgeworfen, durch seine schiere Größe den Wettbewerb zu behindern und auf seinem "Marktplatz" Eigenmarken gegenüber Waren von Drittanbietern zu bevorzugen.
Apple steht in der Kritik, weil der konzerneigene App-Store nur Programme für das iPhone, nicht aber für andere Smartphones anbietet. "Im Bemühen, die 'New Economy' zu fördern und fortzuführen, haben der Kongress und die Kartellbehörden diesen Firmen erlaubt, sich ohne große staatliche Überwachung selbst zu beaufsichtigen", hatte David Cicilline, der Vorsitzender des zuständigen Unterausschusses im Repräsentantenhaus, schon Mitte Juli bei einer Anhörung kritisiert. "Das Ergebnis ist jedoch, dass das Internet immer monopolistischer, immer weniger offen und immer feindlicher gegenüber Innovationen und Unternehmertum geworden ist."