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Facebook:Geheimnisse sicherer teilen

Lesezeit: 2 min

Die Webseite Facebook reagiert auf die Proteste der Nutzer und schützt die Privatsphäre besser. Doch was steckt hinter der Kontroverse? Antworten

Thorsten Riedl

Mit fast 500 Millionen Nutzern hat sich Facebook in nur sechs Jahren zu einem der beliebtesten Treffpunkte im Internet entwickelt. Hier hält man Freunde über das eigene Leben auf dem Laufenden, stellt Bilder ein oder schreibt Nachrichten auf eine Pinnwand.

Doch all diese persönlichen Daten erfahren auch Anzeigenkunden - wer seine Liebe zu den Rolling Stones erklärt, erhält schnell mal eine Anzeige für die neue CD auf seine Seite. Weil ihre Daten so leicht einsehbar sind, sehen viele Nutzer ihre Privatsphäre verletzt. Deshalb ändert die Webseite nun ihre Politik. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum sammelt Facebook so viele persönliche Daten?

Die Internetseite wurde 2004 als Treff für College-Studenten in den USA gegründet. Aus dem Campusportal wurde ein Unternehmen mit mehr als 1400 Mitarbeitern - und dem Streben nach Gewinn. Je mehr Daten Facebook sammelt, umso genauer können Anzeigenkunden des Internetkonzerns Annoncen adressieren. Weniger Streuverlust bedeutet, dass sie höhere Preise für die Werbung zahlen. Gleichzeitig wird die Seite für Freunde und deren Freunde umso interessanter, je mehr Nutzer persönliche Informationen auf Facebook publizieren. Eine Wachstumsspirale.

Und wieso ändert die Webseite jetzt die Datenschutzeinstellungen?

"Die Einstellungen sind zu komplex geworden und es ist schwierig für die Leute geworden, sie richtig einzustellen", erklärt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. So gab es bislang sechs Unterpunkte bei den Privatsphäre-Einstellungen: Persönliche Informationen und Beiträge, Kontaktinformationen, Freunde, Markierungen und Verbindungen, Suche, Anwendungen und Webseiten sowie Blockierliste.

Die meisten dieser Unterpunkte enthielten noch einmal mehr als ein Dutzend Einstellmöglichkeiten. Viele haben da nicht mehr durchgeblickt. Hinzu kam, dass standardmäßig nicht die Privatsphäre geschützt wurde, sondern die Einstellungen den Anzeigenkunden dienten. Dagegen begehrten die Nutzer auf.

Was haben die Proteste gebracht?

Gleich mehrere Nutzergruppen haben damit gedroht, Facebook zu verlassen. Allein auf der Seite Quitfacebookday.com beispielsweise haben sich mehr als 20000 Nutzer eingetragen und damit gedroht, Ende Mai ihr Konto aufzulösen. Die Webseite Mashable.com hat 5000 Internetsurfer gefragt, warum sie gehen wollen: Gut ein Drittel antwortete, sie hätten das Vertrauen verloren, wie Facebook mit ihren persönlichen Daten umgeht. Dabei stören sich nicht mal viele daran, dass Werbetreibende die Informationen nutzen. Das war nur für sieben Prozent ein Problem. Genauso viele antworteten auf die Frage nach ihrem persönlichen Kündigungsgrund: "Mir fehlt die Zeit für Facebook - ich vermisse die Sonne."

Wie sehen die Änderungen aus?

Es geht vor allem darum, die sehr komplexen Privatsphären-Einstellungen samt Unterpunkten zu vereinfachen. Künftig werden mehrere Punkte zusammengefasst. Informationen lassen sich nun mit nur einem Klick für jeden freigeben, für Freunde von Freunden oder nur für die direkten Freunde. Bislang sind dafür viele Mausklicks nötig. Es lässt sich aber auch jeder Punkt wie zuvor an eigene Bedürfnisse anpassen: Bilder nur für Freunde, Statusmeldungen für alle und Geburtstagsgrüße auch von entfernteren Bekannten? Kein Problem. Auch für Programme von Dritten und andere Webseiten soll es nun einfacher möglich sein, die Datenschutzeinstellungen anzupassen. Einige Daten wie etwa die Vorliebe für eine Musikband sollen nicht mehr automatisch veröffentlicht werden. Wann kommen die Neuerungen?

Die neuen Einstellungen können nicht sofort angepasst werden. In den nächsten Wochen erst werden die Änderungen nach und nach weltweit in die Nutzerkonten eingebaut.

Sind die Kritiker besänftigt?

Das Bild ist gemischt: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, sagen die einen. Die Neuerungen reichen nicht aus, meinen andere. Wer Facebook noch immer nicht traut, kann seine Freunde auch bei Diaspora treffen: Ein soziales Netz im Aufbau, das Wert auf Datenschutz legt - bei dem die Nutzer aber einen Mitgliedsbeitrag zahlen müssen, weil es keine Werbeeinnahmen gibt.

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Quelle:
SZ vom 28.05.2010
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