Banken:Europäischer Rechnungshof: Bankenaufsicht ist zu lax

Banken: Eine Taube hebt vor Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main ab.

Eine Taube hebt vor Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main ab.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Die Prüfer fordern, dass die EU-Aufsicht bei Banken strenger durchgreift. Was lasche Kontrolle zur Folge haben kann, zeigt sich gerade in den USA.

Von Meike Schreiber und Markus Zydra, Frankfurt

In seinem aktuellen Bericht übt der Europäische Rechnungshof deutliche Kritik an der Arbeit der EZB-Bankenaufsicht. Die Aufseher sollen die geltenden Regeln bei den 110 überwachten Großbanken in der Währungsunion "rigoroser" durchsetzen. Viel zu oft belasse man es im Clinch mit den Banken bei "Empfehlungen", anstatt nach Verfehlungen verbindlichere "Forderungen" an die Institute zu stellen. "Die Europäische Zentralbank muss ihre Aufsicht verstärken, um sicherzustellen, dass die Banken in der EU ihr Kreditrisiko angemessen steuern, insbesondere in Bezug auf Kreditnehmer, die ihre Kredite nicht zurückzahlen", heißt es in dem Bericht, der am Freitagmorgen veröffentlicht wurde. Die Prüfer warnen: Ein schlechtes Kreditrisikomanagement der Banken könne deren Existenz und die des gesamten Finanzsystems gefährden.

Der Rechnungshof fordert, dass die Aufseher die Banken mit hohen Kreditausfallrisiken schneller und strenger ermahnen und höhere Verlustpuffer einfordern. "Da die EZB nicht in der Lage ist, den Kapitalzuschlag für eine Bank in einzelne Risikofaktoren aufzuschlüsseln, hat sie keine Sicherheit, dass die (...) Anforderungen eine ausreichende Abdeckung der abzudeckenden Risiken gewährleisten", heißt es in dem 73-seitigen Bericht weiter. Die EZB teilte mit, sie halte die Empfehlungen des Rechnungshofs für sinnvoll, die dazu beitrügen, "die Prozesse weiter zu verbessern".

Die Rüge des Rechnungshofs, die Aufseher gingen mitunter zu weich mit den Banken um, steht in Kontrast zum latenten Wehklagen der Branche über zu strenge Aufsicht. Unter anderem Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing hatte Ende vergangenen Jahres beklagt, er brauche keine Aufsichtsbehörde, die sage, was die Bank tun solle. Sewings Aussage bezog sich auf einige riskante Geschäfte des Instituts, sogenannte "Leveraged Loans", welche die EZB kritisch sieht. Andere Bankchefs hatten sich ähnlich geäußert.

In den USA sind gerade erst Banken kollabiert

Inzwischen ist die Dauerkritik vieler Bankchefs an der EZB-Aufsicht interessanterweise in Lob umgeschlagen. Manche erweckten sogar den Eindruck, europäische Banken würden besser reguliert als die amerikanischen, weswegen die jüngsten Marktturbulenzen nach dem Kollaps der Credit Suisse und einiger US-Regionalbanken hierzulande keine weiteren Folgen gehabt hätten. "Europäische Banken werden nach einheitlichen Standards beaufsichtigt, das hat sich als wirkungsvoll erwiesen", sagte Sewing neulich. Er ist auch Präsident des Bankenverbandes. Was Zinsänderungsrisiken anbelange, sei die europäische Aufsicht sogar strenger als die amerikanischen Kollegen, sagte er. Zudem hätten sich die Stresstests und die enge Zusammenarbeit von nationalen und europäischen Aufsehern bewährt.

Tatsächlich steht die Frage, wie gut die Bankenaufsicht funktioniert, spätestens seit Beginn der Banken-Turbulenzen Anfang März wieder im Fokus. Damals war erst die Silicon Valley Bank in den USA kollabiert. Das lag auch an der schlechten Aufsicht: Die Trump-Regierung hatte Banken mit weniger als 200 Milliarden Dollar Bilanzsumme von strenger Regulierung ausgenommen. Aber auch als kurz darauf in der Schweiz die Credit Suisse zusammenbrach, stellte sich die Frage, warum die Schweizer Bankenaufsicht dort so lange zugeschaut hatte.

Der in Luxemburg ansässige Rechnungshof soll EU-Institutionen daraufhin überprüfen, ob sie effektiv und kosteneffizient geführt werden. 2018 wollte er das Krisenmanagement der EZB im Zusammenhang mit der Bankenaufsicht untersuchen, doch damals verweigerte die Zentralbank noch die Akteneinsicht. Seither aber hat sich die EZB-Bankenaufsicht für Prüfungen weiter geöffnet und regelmäßigen Austausch vereinbart. Erst kürzlich hatte ein weiteres Expertengremium einen Bericht zur Aufsicht veröffentlicht und kritisiert, die Prüfer sollten sich bei den Kapitalanforderungen nicht mehr nur auf die Selbsteinschätzung der Banken verlassen, sondern mehr eigene Berechnungen anstellen. Die europäische Bankenaufsicht SSM ist 2014 geschaffen worden, als Antwort auf die damalige Finanz- und Schuldenkrise, und beaufsichtigt seither die 110 größten Kreditinstitute der Währungsunion. Angesiedelt ist die Behörde bei der EZB. Sie agiert jedoch unabhängig von der Geldpolitik.

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