Wenn die Auguren recht behalten, wird die Europäische Zentralbank am Donnerstag zum vierten Mal in diesem Jahr die Leitzinsen senken. Der für den Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz dürfte um 0,25 Prozentpunkte auf 3,00 Prozent fallen. Für Verbraucher, die gerne auf Pump einkaufen, ist das eine gute Nachricht. Banken passen ihre Zinsen für Ratenkredite in aller Regel sofort an die EZB-Entscheidungen an - das Schuldenmachen für Auto, Reisen und andere Konsumausgaben dürfte billiger werden.
Etwas anders verhält es sich mit den Hypothekendarlehen. Im Normalfall eilen die Baufinanzierungszinsen dem Leitzins voraus, denn die Immobilienfinanzierer senken in Erwartung sinkender Leitzinsen ihre Baufinanzierungszinsen schon vorab. Das ist möglich, weil die EZB ihre Zinsschritte meist frühzeitig andeutet.
Wegen der rückläufigen Inflation haben die Währungshüter seit Juni den wichtigsten Leitzins von 4,00 auf 3,25 Prozent abgesenkt. Die Teuerungsrate in der Euro-Zone betrug im November 2,3 Prozent. Auch im Dezember wird die Inflation wohl über dem selbst gesteckten Ziel der Notenbank von 2,0 Prozent liegen. „Ab dem Frühjahr dürfte die Inflation wieder nachgeben“, sagt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung. Für 2024 prognostiziert der Experte eine durchschnittliche Jahresteuerungsrate von 2,2 Prozent, im nächsten Jahr seien es dann 2,0 Prozent.
Die Hochinflationsphase in der Euro-Zone ist damit für erste vorbei. Die Inflation war 2022 zeitweise auf mehr als zehn Prozent geklettert. Hauptursache waren die Produktions- und Lieferstopps während der Corona-Pandemie, der spätere Einmarsch Russlands in die Ukraine machte Energie und Lebensmittel teurer. In der Folge forderten Gewerkschaften wegen der Inflation hohe Lohnsteigerungen, was nach Ansicht der Währungshüter den Preisdruck aufrechterhielt.
Besonders einkommensschwache Haushalte sind von anhaltenden Preissteigerungen betroffen
Inzwischen hat sich die Lage beruhigt. In Deutschland lag die Inflation im November bei 2,2 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag seine Prognose vom Monatsanfang. Die Energiepreise sind im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,7 Prozent gesunken, Kraftstoffe kosteten 6,6 Prozent weniger, die Strompreise sanken um 4,1 Prozent.
Die Preise für Nahrungsmittel lagen allerdings um 1,8 Prozent höher als im Vorjahresmonat, so die Statistiker. Merklich teurer sind Speisefette und Speiseöle (plus 19,1 Prozent), Butter (plus 38,9 Prozent) und Olivenöl (plus 13,3 Prozent). Bei den Dienstleistungen erhöhten sich die Preise vor allem für Versicherungen (plus 16,6 Prozent), für Dienstleistungen sozialer Einrichtungen (plus 8,0 Prozent) und für Gaststättenbesuche (plus 6,7 Prozent).
Besonders einkommensschwache Haushalte sind von diesen anhaltenden Preissteigerungen betroffen, da Nahrungsmittel und viele Dienstleistungen notwendige Ausgaben sind. Insgesamt bleiben die negativen Konsequenzen des mehrjährigen Preisschubs bestehen, weil der Preissockel für Lebenshaltungskosten deutlich höher liegt als 2021. Nicht in allen Branchen können höhere Löhne das Minus kompensieren.