Überraschender Rückzug:Sabine Lautenschläger verlässt die EZB

Sabine Lautenschläger

Räumt ihren Posten zum 31. Oktober 2019: EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger

(Foto: dpa)
  • EZB-Direktoriumsmitglied Lautenschläger tritt zurück. Sie ist eine Kritikerin der extrem lockeren Geldpolitik und fürchtet, dass diese so weitergeht.
  • EZB-Chef Mario Draghi dankte ihr nur mit sehr kühlen Worten. Wer ihr nachfolgt, ist unklar.

Von Caspar Busse

Das einzige deutsche Mitglied im sechsköpfigen Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) hat am Mittwochabend überraschend den schnellen Abschied bekannt gegeben: Sabine Lautenschläger, 55, habe EZB-Chef Mario Draghi, darüber informiert, dass sie ihren Posten zum 31. Oktober dieses Jahres vorzeitig räumen werde, teilte die EZB mit. Die deutsche Juristin und Bankenexpertin war bislang die einzige Frau in dem Gremium, ihr Mandat wäre noch bis 2022 gelaufen. Anfang November wird die Französin Christine Lagarde die Leitung der EZB von Draghi übernehmen. Lautenschläger war seit Januar 2014 Mitglied im Rat und im Direktorium der Zentralbank, sie hatte lange die Zuständigkeit für die Bankenaufsicht.

Zu den Gründen des Rücktritts machte die EZB zunächst keine Angaben. Lautenschläger gehört aber zu den Kritikern der extrem lockeren Geldpolitik, offenbar fürchtet sie, dass dieser Kurs auch unter Lagarde weitergeführt wird. Vor der jüngsten geldpolitischen Sitzung der Notenbank hatte sie sich gegen einen Neustart des milliardenschweren Anleihekaufprogramms ausgesprochen. Kurz vor dem Ende der Amtszeit Draghis hatte die EZB Mitte September aber noch auf eine Lockerung gesetzt - zum Nachteil von Sparern und Banken. Draghi erhöhte die Strafzinsen für Banken, die Geld bei der Notenbank parken, und legte die Wertpapierkäufe neu auf. Von November an sollen monatlich 20 Milliarden Euro in den Erwerb von Anleihen gesteckt werden. Dieser Teil des Pakets war im EZB-Rat umstritten, wie Draghi eingeräumt hatte. "Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit für einen Neustart des Anleihekaufprogramms", hatte Lautenschläger zuvor betont.

Draghi dankte Lautenschläger mit sehr kühlen Worten "für ihre maßgebliche Rolle beim Aufbau und der Steuerung der europaweiten Bankenaufsicht" sowie für ihr Bekenntnis zu Europa. Das EZB-Direktorium führt die Geschäfte der Notenbank. Ihm gehören der Präsident (demnächst Lagarde), Vizepräsident Luis de Guindos und vier weitere Mitglieder an. Wer auf Lautenschläger folgen wird, ist unklar, aber Deutschland wird wohl Anspruch auf den Posten erheben. Die gebürtige Stuttgarterin studierte Jura in Bonn und fing 1995 beim damaligen Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen an, war zunächst für die Pressearbeit zuständig. 2011 wechselte sie zur Bundesbank und dann zur EZB.

Zur SZ-Startseite
Eisengießerei

Konjunktur
:Überraschender Lichtblick für deutsche Wirtschaft

Der hierzulande vielbeachtete Ifo-Geschäftsklimaindex legt im September nach fünf Rückgängen in Folge zu.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: