Süddeutsche Zeitung

Klimawandel:Wie die EZB grün werden will

Die grüne Geldpolitik der EZB war lange umstritten. Jetzt wird sie Realität - was für Unternehmen und Banken bedeutet.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Europäischen Zentralbank will ihre Geldpolitik künftig stärker am Klimaschutz ausrichten. "Mit diesen Beschlüssen setzen wir unsere Verpflichtung zur Bekämpfung des Klimawandels in die Tat um", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Montag. Die EZB-Direktorin Isabel Schnabel sprach von einem "wichtigen Meilenstein" im Kampf gegen den Klimawandel.

Die neue "grüne Geldpolitik" hat zwei Stoßrichtungen. Zum einen möchten die Währungshüter ihren Ankauf von Unternehmensanleihen neu ausrichten. Die EZB hat Firmenschuldscheine aus der Eurozone im Wert von rund 350 Milliarden Euro in ihrem Besitz, davon werden jährlich Wertpapiere im Wert von 30 Milliarden Euro fällig: Die EZB investiert das zurückgezahlte Kapital seit Beginn des Ankaufprogramms vor sechs Jahren stets in neue Anleihen. Künftig sollen solche Anleihen bevorzugt gekauft werden, deren Emittenten, sprich die Unternehmen, sich an den Pariser Klimazielen orientieren. "Wir schaffen damit für Unternehmen Anreize, die Emission von Kohlendioxid zu reduzieren", sagte Schnabel.

Da es noch keine global verbindlichen Nachhaltigkeitsstandards gibt, ist die Auswahl der Anleihen keine leichte Aufgabe. "Wir verwenden öffentlich zugängliche Daten", sagte die EZB-Direktorin. "Aber die Umstellung ist eine lange Reise." Die entsprechenden Beschlüsse sollen voraussichtlich von Oktober an angewendet werden. Bis dahin würden auch die genauen technischen Kriterien feststehen.

Grüner Vorbehalt

Neben dem Anleiheankauf wird die EZB auch ihre Kreditgeschäfte mit Europas Banken unter einen grünen Vorbehalt stellen. Das läuft so ab: Wenn die Notenbank den Instituten Kredit gibt, erhält sie im Gegenzug Sicherheiten. Das sind Wertpapiere, die einen möglichen Kreditausfall kompensieren sollen. Banken reichen oft Unternehmensanleihen als Pfand ein. Künftig möchte die EZB diese Wertpapiere nur noch akzeptieren, wenn die Unternehmen geltende Transparenzrichtlinien zur CO₂-Bilanz erfüllen. "Diese neuen Regeln für Banksicherheiten sind die schärfsten in der Zentralbankwelt. Die EZB bestraft nun die Finanziers von Kohlenstoff", sagte Daniela Gabor, Ökonomie-Professorin an der britischen Universität Bristol.

EZB-Präsidentin Lagarde hatte zu ihrem Amtsantritt im November 2019 versprochen, die EZB werde beim Kampf gegen den Klimawandel eine stärkere Rolle spielen. Das war intern anfangs stark umstritten, doch Lagarde setzte sich durch. "Klimapolitik darf aber nicht dazu führen, das wichtige Ziel der Bekämpfung der hohen Inflation zu verhindern", sagte Schnabel. Regierungen und Parlamente hätten die Hauptaufgabe, den Klimawandel zu bekämpfen. Die EZB müsse, falls möglich, die Politik der Eurozone unterstützen.

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