Inflation:Lagarde strafft die Geldpolitik ein bisschen

Inflation: Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank.

Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank.

(Foto: Zhang Cheng/dpa)

Die Europäische Zentralbank möchte ihr Anleihekaufprogramm wegen der hohen Inflation bis zum Sommer beenden - trotz der Risiken durch den Ukraine-Krieg.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Europäische Zentralbank strafft angesichts der hohen Inflationsraten ihre lockere Geldpolitik etwas schneller als erwartet. Der Ankauf von Staatsanleihen soll im Sommer enden. Bislang waren bis zum Herbst monatliche Anleihekäufe im Wert von 30 Milliarden Euro vorgesehen. Der Leitzins bleibt bei null Prozent. Mit einer ersten Zinserhöhung könne man "eine Weile" nach Beendigung des Kaufprogramms rechnen, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Donnerstag nach der Sitzung des EZB-Rats in Frankfurt. Zugleich sagte sie: "Wir sprechen hier nicht von einer Straffung der Geldpolitik, sondern von einer Normalisierung."

Lagarde betonte die wirtschaftlichen Risiken infolge des Ukraine-Kriegs. "Dieser Krieg hat enormen Einfluss auf die Energiepreise, auf den Handel und das Vertrauen in die Wirtschaft", sagte die Französin. Im Ernstfall werde die EZB ihr Anleihekaufprogramm deshalb erneut ausweiten. Der EZB-Rat habe dazu verschiedene Extremszenarien der künftigen Entwicklung durchgespielt. Der nun neu gefasste Plan sieht vor, dass die Notenbank im April Staatsanleihen im Volumen von 40 Milliarden Euro kaufen wird, im Mai für 30 Milliarden und im Juni noch für 20 Milliarden Euro.

"Das ist ein erster Schritt, die sehr lockere Geldpolitik zu normalisieren. Aber bis zur ersten Zinserhöhung ist es noch ein langer Weg", kommentierte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Die zögerliche Vorgehensweise sei mit Blick auf die massiv gestiegenen Inflationsraten riskant.

Es ist nicht leicht für die EZB, die Konsequenzen des eskalierenden Ukraine-Kriegs für die Inflation und die Stabilität an den Märkten zu meistern. Zum einen droht bei andauernden Kämpfen womöglich ein starker Wachstumseinbruch. Die Furcht vor einer "Stagflation" steht im Raum - also wirtschaftliche Stagnation und hohe Inflation -, woraufhin die EZB auch eine erneute Lockerung der Finanzierungsbedingungen diskutieren könnte. Zum anderen erhöht der Energieengpass durch die Kriegssanktionen den Druck auf die sowieso schon hohen Energiepreise. Die EZB müsste die geldpolitischen Zügel also eigentlich stark anziehen, wenn sie signalisieren möchte, dass sie den Kampf gegen Inflation ernst nimmt.

Die Preise in der Euro-Zone sind im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 Prozent gestiegen. Das ist der höchste Wert seit Gründung der Währungsunion vor mehr als 20 Jahren. Der Zuwachs bei den Energiepreisen betrug dabei fast 32 Prozent. Zur Einordnung: Die EZB strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent an, ein Ziel, das in weite Ferne gerückt ist, wie die aktuellen Inflationsprognosen der Notenbank belegen.

So erwarten die Experten der EZB für dieses Jahr eine durchschnittliche Teuerungsrate in der Euro-Zone von 5,1 Prozent - noch im Dezember hatten die Volkswirte 3,2 Prozent veranschlagt. Erst im Jahr 2024, so die Notenbank, werde der Wert wieder unter zwei Prozent sinken. Die Inflationsraten unterscheiden sich zum Teil stark in den einzelnen Mitgliedsstaaten. In Estland und Litauen liegt die Teuerungsrate bei über zwölf Prozent, in Deutschland beträgt sie 5,5 Prozent und in Frankreich 4,1 Prozent.

Der starke Preisanstieg des vergangenen Jahres war Ausfluss der Wirtschaftsbeschränkungen im Zuge der Pandemieeindämmung. Durch den Lockdown kam es zu Produktionsstopps, weil wichtige Teile für Endprodukte fehlten, zum Beispiel Halbleiter, und weil die Geschäfte geschlossen waren. Hinzu kamen in der Pandemie Lieferstopps, etwa weil Containerschiffe nicht auslaufen durften oder in den Häfen Mitarbeiter fehlten. So entstand ein Angebotsmangel. Dieser habe sich ein wenig verringert, so Lagarde.

Die EZB wird Ende März wie bereits im Dezember beschlossen ihr 1,85 Billionen Euro teures Pandemie-Notprogramm beenden - allerdings nur die Nettokäufe, das heißt: Sobald Staatsanleihen aus dem Pandemie-Notprogramm getilgt werden, steckt die EZB das zurückgezahlte Geld erneut in den Bond-Markt.

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