EZB:EZB fordert Regierungen zum Handeln auf

Frankfurt/Main (dpa) - Nach ihrem historischen Krisenpaket mahnt die Europäische Zentralbank (EZB) die Politik zum Handeln.

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Frankfurt/Main (dpa) - Nach ihrem historischen Krisenpaket mahnt die Europäische Zentralbank (EZB) die Politik zum Handeln.

Grundlegende Reformen und die strikte Einhaltung der europäischen Verträge seien entscheidend, um die gewaltigen Schuldenberge abzutragen und den Währungsraum widerstandsfähiger gegen künftige Schocks zu machen, sagte EZB-Präsident Mario Draghi.

Die Währungshüter ihrerseits halten sich mit weiteren Schritten zunächst zurück - der Leitzins bleibt auf dem Rekordtief von 0,15 Prozent. "Wir wollen die Wirkung der Maßnahmen abwarten - und die Auswirkung wird substanziell sein", sagte Draghi.

Er kündigte an, dass der EZB-Rat ab Januar 2015 nur noch alle sechs Wochen über die Zinsen im Euroraum entscheiden wird. Draghi begründete dies mit überzogenen Erwartungen der Märkte: Würden diese enttäuscht, komme es zu Konsequenzen - ohne dass es dafür einen ökonomischen Grund gebe. "Die EZB sollte aber nicht jeden Monat handeln. Deshalb haben wir uns entschieden, dass der Sitzungskalender mit monatlichen Treffen zu eng ist", erklärte der Italiener.

Darüber hinaus will die Notenbank ab 2015 regelmäßig Zusammenfassungen der Beratungen des EZB-Rates veröffentlichen - und zwar jeweils vor der folgenden Sitzung. Bislang liegen die Mitschriften 30 Jahre unter Verschluss.

Erst vor vier Wochen hatte die EZB ein bislang beispielloses Anti-Krisenpaket im Kampf gegen Mini-Inflation und Konjunkturflaute aufgelegt: Sie senkte den Leitzins im Euroraum von 0,25 Prozent auf 0,15 Prozent und führte einen Strafzins für Geschäftsbanken ein, die Geld bei der Notenbank parken.

Außerdem gibt es einmal mehr billige Kredite in Milliardenhöhe für Banken. Ziel ist es, die Kreditvergabe und damit die Konjunktur anzukurbeln. Ökonomen haben Zweifel: "Es bleibt weiterhin fraglich, ob damit wirklich eine Erhöhung der Kreditvergabe in Südeuropa erreicht werden kann", erklärte Jan Holthusen von der DZ Bank.

Draghi versprach einmal mehr extrem billiges Geld auf absehbare Zeit. Zudem bereitet die Notenbank mögliche weitere Sondermaßnahmen vor. "Der EZB-Rat ist sich einig, dass die EZB gegebenenfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen im Rahmen ihres Mandats einsetzen wird, um die Risiken einer zu langen Periode niedriger Inflationsraten in den Griff zu bekommen", bekräftigte Draghi.

Ausdrücklich nannte Draghi den Kauf von Kreditpaketen (Asset Backed Securities/ABS). Die EZB könnte gezielt ABS-Pakete kaufen und so Geschäftsbanken entlasten, die dann Freiräume für neue Kredite hätten. Möglich wären auch breit angelegte Wertpapierkäufe ("Quantitative Easing"/QE).

Ökonomen rechnen frühestens Ende dieses Jahres mit weiteren Schritten der EZB. "Wir erwarten, dass die Ruhe nach dem Sturm für einige Zeit anhält", sagte ING-Diba-Chefökonom Carsten Brzeski schon vor der Zinsentscheidung vom Donnerstag. Viel billiger kann die EZB das Geld im Euroraum ohnehin nicht mehr machen, beim Leitzins sei "der untere Rand erreicht", hatte Draghi Anfang Juni eingeräumt.

Bisher haben sich die Beschlüsse nicht erkennbar auf die Inflation im Euroraum ausgewirkt: Sie blieb im Juni bei 0,5 Prozent und liegt damit weit unter dem Zielwert von knapp unter 2,0 Prozent, bei dem die EZB Preisstabilität gewährleistet sieht.

Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite und Investitionen und kurbeln so die Wirtschaft an. Das stärkt in der Regel den Preisauftrieb. Allerdings kommt das seit Jahren extrem billige EZB-Geld in den Krisenländern nur unzureichend bei Unternehmen an.

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