Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt ihre lockere Geldpolitik ungeachtet der Kritik aus Deutschland fort. "Die niedrigen Zinsen sind nötig, um höhere Zinsen in der Zukunft zu haben", sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag nach der Sitzung des EZB-Rats. Die konjunkturelle Erholung der Euro-Zone liege im Interesse aller - auch Deutschlands. Wenn sie sich verfestige, würden auch die Zinsen wieder steigen.
Das oberste Entscheidungsgremium der Notenbank hatte wie erwartet beschlossen, den Leitzins bei null Prozent zu belassen und das Anleihekaufprogramm mit einem Volumen von 2,2 Billionen Euro planmäßig bis Dezember fortzusetzen.
Deutsche Politiker und Wissenschaftler hatten zuletzt gefordert, die EZB solle nun möglichst bald die Zinsen erhöhen. Grund waren die im Dezember deutlich gestiegene Inflationsraten in Deutschland (1,7 Prozent) und der Euro-Zone (1,1 Prozent). Die EZB begründet ihre lockere Geldpolitik damit, die Teuerung mittelfristig auf zwei Prozent anzuheben. "Der jüngste Preisanstieg ist hauptsächlich den höheren Ölpreisen geschuldet", sagte Draghi. Es gebe noch keinen breiten nachhaltigen Preisanstieg. Man werde das Programm daher fortsetzen. Auf die Frage, ob die EZB unter Umständen früher als geplant ihre lockere Geldpolitik beenden könnte, sagte Draghi: "Das ist ein akademisches Problem." Draghi rief die Deutschen zur "Geduld" auf und verwies darauf, dass auch deutsche Bürger von den Niedrigzinsen der EZB profitiert hätten, etwa als "Kreditnehmer".
"Der jüngste Anstieg der Inflation ist temporär und spiegelt vor allem eine Normalisierung der Energiepreise wieder", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Die EZB werde wohl ihr Ziel der Preisstabilität nicht vor Ende 2018 erreichen. "Deutschland und die Euro-Zone müssen sich auf zwei bis drei weitere Jahre der Niedrigzinsen einstellen." Die EZB kauft jeden Monat Wertpapiere im Wert von 60 Milliarden Euro. Der Erwerb von Staatsanleihen der Euro-Staaten steht im Mittelpunkt. So sollen die Kreditzinsen für die Wirtschaft, aber auch für die Staaten, niedrig gehalten werden. Mittlerweile macht die EZB mit den Anleihegeschäften sogar Verluste.