Inflation:EZB-Chefin Lagarde hält Inflation für beherrschbar

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"Wir erwarten aber, dass die Preise im nächsten Jahr wieder sinken werden", so EZB-Präsidentin Lagarde. (Foto: DANIEL ROLAND/AFP)

Die Preise steigen so stark wie lange nicht. Doch die Europäische Zentralbank macht weiter mit ihrer Nullzinspolitik.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Obwohl die Inflationsrate in der Euro-Zone mit 3,4 Prozent zuletzt auf den höchsten Stand seit 2008 geklettert ist, setzt die Europäische Zentralbank ihre lockere Geldpolitik unvermindert fort. EZB-Präsidentin Christine Lagarde verwies am Donnerstag nach der EZB-Ratssitzung auf Sonderfaktoren, die für den Preisanstieg verantwortlich seien, etwa der starke Anstieg der Öl-, Gas- und Strompreise sowie Produktionsengpässe. Deshalb werde die Inflationsrate in diesem Jahr noch weiter steigen. "Wir erwarten aber, dass die Preise im nächsten Jahr wieder sinken werden", so Lagarde.

Die EZB steht unter Druck. Viele Bürger spüren schmerzlich die höheren Preise bei diesen lebensnotwenigen Ausgaben, auch viele Lebensmittel sind deutlich teurer geworden. In Deutschland lag die Inflationsrate im Oktober bei 4,5 Prozent. Das ist der höchste Stand seit 28 Jahren.

Viele andere Notenbanken sehen in ihren Wirtschaftsräumen ähnlich starke Preisschübe. Die Bank of England und die amerikanische Federal Reserve haben deshalb bereits angekündigt, ihre Geldpolitik zu straffen; eine Zinserhöhung steht dort im Raum. In den beiden Ländern liegt die Inflationsrate über vier beziehungsweise fünf Prozent.

Der geldpolitische Kurs der EZB fällt da aus der Reihe, auch wenn die wirtschaftliche Situation in Großbritannien und den USA anders ist. Aber Lagarde erlebt auch Widerstand im eigenen Haus. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat immer wieder darauf hingewiesen, dass Europas Notenbank die Inflationsrisiken nicht unterschätzen dürfe. Völlig überraschend kündigte er vergangene Woche zum Jahreswechsel seinen Abschied an. Er nannte private Gründe dafür, doch zwischen den Zeilen konnte man herauslesen, dass Weidmann wohl keine Chance mehr sah, mit seinen Argumenten im EZB-Rat eine Mehrheit zu finden. Er warnte zum Abschied, die EZB solle "Inflationsgefahren nicht aus dem Blick verlieren".

Das Corona-Notprogramm soll bis mindestens März 2022 laufen

Lagarde drückte erneut ihr Bedauern über den Rückzug Weidmanns aus und sagte, sie habe mit dem Bundesbankchef immer gut zusammengearbeitet. "Ich glaube nicht, dass seine Entscheidung Ausdruck einer Erschöpfung über meinen Führungsstil ist", so die EZB-Präsidentin. Die geldpolitische Debatte im EZB-Rat drehte sich dann aber nur um ein Thema: "Wir haben über Inflation, Inflation, Inflation diskutiert. Wir wissen, dass die Menschen in Europa wegen der Inflation besorgt sind. Aber wir sind davon überzeugt, dass unsere Analyse korrekt ist und die Preise wieder fallen werden."

Folgerichtig beschloss der EZB-Rat, das 1,85 Billionen Euro schwere Corona-Notprogramm noch bis mindestens März 2022 fortzusetzen und den Leitzins bei null Prozent zu belassen. Die Entscheidung über die Zukunft des Programms wird für die Dezember-Sitzung erwartet, wenn der Notenbank neue Prognosen zu Konjunktur und Inflation vorliegen.

"Ich warne davor, die längerfristigen Inflationsrisiken kleinzureden. Die EZB dürfte weiter einen großen Teil der Haushaltsdefizite durch den Kauf von Staatsanleihen finanzieren, wodurch zu viel Geld in Umlauf gerät", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Auch die Klimapolitik spräche für steigende Inflationsrisiken. "Es wird Zeit, dass die EZB ihre äußerst lockere Geldpolitik beendet."

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