Süddeutsche Zeitung

Extrem-Bergsteigen:Nur das Jetzt und der nächste Schritt

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Ralf Dujmovits hat alle Achttausender erklommen. Er sucht immer neue unentdeckte Orte.

Von Jan Willmroth

Mit jedem Schritt fällt das Atmen schwerer, die Füße fühlen sich an wie Blei, die Gedanken verschwimmen. Der eisige Wind zerrt an Kleidung, Ausrüstung und dem menschlichen Willen. Kopfschmerzen, manchmal Übelkeit. Alles ist potenziell lebensgefährlich. "Es passieren lauter Dinge, die Dir zeigen, dass der Körper an seine Grenzen kommt. Alles in einem schreit: nach unten!", sagt Ralf Dujmovits, Extrembergsteiger und Expeditionsleiter, der erste Deutsche, der auf den Gipfeln aller Achttausender stand.

Das hat er vor gut sechs Jahren geschafft. Am 20. Mai 2009 erklomm Dujmovits den Lhotse an der Grenze zwischen Nepal und China, er war damit erst der 16. Mensch, der auf allen über 8000 Meter hohen Bergen stand. Sein Leben besteht aus vielen Grenzerfahrungen, angefangen bei den ersten Unternehmungen in Peru. "Wenn es in solchen Höhen ums Überleben geht, zählt nicht mehr viel von dem, was sonst das Leben bestimmt", sagt er. "Nur noch das Jetzt und der nächste Schritt sind wichtig."

Mit sieben begann Dujmovits das Bergsteigen, er las von Edmund Hillary, der 1953 erstmals den Mount Everest bestieg und entwickelte einen Traum, dem er bis heute hinterhersteigt. Seine Motivation sitzt tief, immer wieder an Orten zu sein, wo noch niemand oder kaum jemand vor ihm war. Eine Expedition mit einem kleinen Team führte ihn um die Jahrtausendwende nach Queen Maud Land in der Antarktis, zu einem Gipfel, der 1000 Meter senkrecht aus dem Eis ragt und den zuvor noch keiner bestiegen hatte. Auf der Route habe es sehr wenig Sonne gegeben und lauter Orte absoluter Stille. "Keine Tiere, keine Geräusche, nur der Wind. An solche Orte zu gelangen, das ist mein Hauptantrieb", sagt Dujmovits.

Im neuen Jahr hat er sich eine weitere Erstbesteigung vorgenommen: am Lapche Kang II in Tibet, eine der höchsten noch unbestiegenen Routen. Dujmovits mag es nicht, wenn man sagt, er ginge über Grenzen hinaus. Er verschiebt sie, seit bald 30 Jahren.

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Quelle:
SZ vom 02.01.2016
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