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Exporte:Deutschland bringt die Weltwirtschaft durcheinander wie kein anderes Land

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Der deutsche Export läuft ausgezeichnet: Nach einer Prognose des Münchner Ifo-Instituts wird die heimische Volkswirtschaft in diesem Jahr China als Land mit dem weltweit größten Exportüberschuss ablösen: Insgesamt werde sich das Plus für 2016 auf voraussichtlich 310 Milliarden Dollar summieren, sagte Ifo-Experte Christian Grimme der Nachrichtenagentur Reuters - 25 Milliarden Dollar mehr als noch ein Jahr zuvor. Allein im ersten Halbjahr übertrafen die deutschen Warenexporte die Importe um 159 Milliarden Dollar.

Das klingt nach einer guten Nachricht. Doch mit seinem Überschuss verschiebt Deutschland auch die Gleichgewichte im Welthandel.

In die Leistungsbilanz fließen neben dem Warenaustausch, also dem Import und Export von Gütern, auch alle anderen Transfers mit dem Ausland ein, von Dienstleistungen bis hin zur Entwicklungshilfe. Der deutsche Überschuss werde nun im laufenden Jahr auf 8,9 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen, sagt das Ifo-Institut voraus.

Die EU-Kommission stuft allerdings schon Werte von dauerhaft mehr als sechs Prozent als stabilitätsgefährdend ein. Denn ein derartig hohes Plus kann zwar einerseits als Ausweis für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft dienen. Umgekehrt bedeutet es aber auch, dass das Land dauerhaft unter seinen Verhältnissen lebt. Die Zeche dafür zahlen wiederum andere Länder, die im Gegenzug ein Minus in der Leistungsbilanz haben, also mehr für Einkäufe im Ausland ausgeben, als sie durch den Export verdienen. Dafür müssen sie sich immer stärker verschulden.

Chinas Exporte schrumpfen wie seit der Finanzkrise nicht mehr

Haupttreiber für den starken Anstieg in Deutschland ist der Ifo-Analyse zufolge der Anstieg der Warennachfrage aus Europa. Deshalb rügt auch die EU-Kommission die Bundesregierung regelmäßig und empfiehlt ihr, mehr zu investieren und so die Nachfrage im Inland zu stärken. Auch das US-Finanzministerium prangert die deutschen Überschüsse als Risiko für die weltweite Finanzstabilität an.

China dürfte den Daten zufolge in diesem Jahr einen Überschuss von etwa 260 Milliarden Dollar aufweisen. Der Leistungsbilanzüberschuss der Volksrepublik dürfte damit um etwa 70 Milliarden Dollar schrumpfen, vor allem wegen schwächerer Exporte. Sie fielen allein im ersten Quartal um 35 Milliarden Dollar niedriger aus - der stärkste Rückgang seit der Finanzkrise 2008 und 2009. Auf Rang drei folgt demnach Japan mit einem Plus von rund 170 Milliarden Dollar.

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