Die Ermittler beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden sind etwas anderer Ansicht als der römische Kaiser Vespasian, der von 69 bis 79 nach Christus regiert hatte. Um die Staatskasse zu füllen, hatte Vespasian eine Abgabe auf die öffentlichen Toiletten eingeführt. Eine Latrinensteuer eben. Nach dem Motto, Geld stinke nicht. Daraus entstand der berühmte lateinische Spruch "pecunia non olet". Das BKA hingegen hat sich, als vor einigen Monaten eine Sonderkommission zur Aufklärung zahlreicher Wirtschaftsverbrechen eingesetzt wurde, mit dem Titel "Olet" begnügt. Geld stinkt halt manchmal doch.
Die neue Arbeitsgruppe mit der etwas sperrigen Fachbezeichnung "Besondere Aufbaukommission" und dem Namen Olet besteht aus 25 BKA-Beamten und sieben Steuerfahndern. Die 32 Ermittler haben die Aufgabe, die vom Bundeskriminalamt Mitte des Jahres von einem geheimen Informanten gekauften Panama Papers auszuwerten; und sie haben nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR bereits erste Erfolge erzielt.
Ein Siemens-Manager soll sich selbst bedient haben, aus schwarzen Kassen
Der Münchner Staatsanwaltschaft ist es mit Material aus Wiesbaden gelungen, zwei Millionen Euro sicherzustellen, die den Panama Papers zufolge aus einstigen schwarzen Kassen von Siemens in Südamerika stammen. Das Geld ist offenbar von einem früheren Manager veruntreut worden und gehört wohl dem Industriekonzern.
Drei Verfahren sind inzwischen beim BKA anhängig. In sieben weiteren Fällen hat die Wiesbadener Behörde Staatsanwaltschaften quer durch Deutschland Unterlagen aus den Panama Papers überlassen. Es geht um Betrug, Steuerdelikte oder Geldwäsche. Darunter ist auch eine alte Affäre bei der Deutschen Bank, zu der es jetzt ebenso wie beim Schmiergeldskandal bei Siemens neue Erkenntnisse gibt.
Hinzu kommt eine umfangreiche Zusammenarbeit mit Ermittlern aus anderen Staaten wie den USA, Großbritannien und Frankreich. Island zum Beispiel hat aus Wiesbaden Unterlagen über den ehemaligen Regierungschef Sigmundur Davíð Gunnlaugsson erhalten. Er war in den im April 2016 von einem internationalen Journalistenkonsortium veröffentlichten Panama Papers aufgetaucht; als Miteigentümer einer Briefkastenfirma. Vor dem Parlament in der Hauptstadt Reykjavík hatten daraufhin Zehntausende gegen den damaligen Premierminister demonstriert und erfolgreich seinen Rücktritt gefordert.
Sigmundur Davíð Gunnlaugsson, das ist nur einer von vielen, vielen Namen in den Panama Papers, die Aufschluss geben über dubiose, wenn nicht gar kriminelle Geschäfte mit Briefkastenfirmen rund um den Globus. Die Unterlagen stammten aus der in Panama ansässigen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca; einem Spezialisten für Offshore-Gesellschaften. Nach der SZ und dem Journalistenkonsortium, die für das Material nichts bezahlt hatten, war auch das BKA in den Besitz der riesigen Datenmenge gelangt. 2,8 Terabyte, mehr als elf Millionen Dokumente. Deutschlands größte Polizeibehörde verfügt nun über 42 Millionen Dateien mit geschätzt 290 000 Briefkastenfirmen aus 21 Ländern. 40 Millionen Dateien wurden bereits lesbar gemacht, binnen weniger Monate. Eine Menge Arbeit, die sich nun auszahlt, auch im Fall Siemens.