Süddeutsche Zeitung

Exklusiv:Zulieferer setzen sich gegen VW durch

  • Volkswagen bekommt zwar wieder Teile vom Zulieferer Prevent, musste diesem dafür aber nach SZ-Informationen weit entgegen kommen.
  • So kann VW beispielsweise keinen Schadenersatz fordern - Experten zufolge wären das wohl mehr als 100 Millionen Euro gewesen.
  • Aber auch der Konzern aus Wolfsburg hat einige Verhandlungserfolge errungen.

Von Thomas Fromm und Klaus Ott

Um den Streik zweier Lieferfirmen und den Stillstand in diversen Werken zu beenden, hat Volkswagen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung große Zugeständnisse gemacht. Nach hartem Verhandlungspoker machte VW die Kündigung einer umfangreichen Kooperation teilweise rückgängig. Diese Kündigung hatte den Lieferstopp ausgelöst, der nunmehr beendet ist. Zudem bleiben die beiden Firmen der bosnisch-deutschen Unternehmensgruppe Prevent, die VW bestreikten, bei dem Autokonzern weitere mindestens sechs Jahre lang im Geschäft.

Einer mehrseitigen Vereinbarung zufolge verzichten Volkswagen und Prevent gegenseitig auf Schadenersatzansprüche. Das bedeutet, dass VW die Produktionsausfälle vor allem bei den Modellen Golf und Passat der Gegenseite nicht in Rechnung stellen kann.

Nach Schätzungen von Automobilexperten und Bankanalysten dürfte der Lieferstreik der beiden Prevent-Firmen den Autokonzern weit mehr als 100 Millionen Euro gekostet haben. Diese Last muss VW selbst tragen.

Bei dem Verhandlungspoker in der Nacht von Montag auf Dienstag in Wolfsburg hat umgekehrt auch Volkswagen der Prevent-Gruppe einiges abgerungen. Bei den von VW dringend benötigten Getriebeteilen für den Golf und andere Modelle darf sich der Konzern in den nächsten sechs Jahren einen weiteren Lieferanten suchen. Aber nur im Umfang von 20 Prozent.

Bislang ist VW auf die Prevent-Firma ES Automobilguss aus Sachsen angewiesen, die den Konzern mit ihrem Lieferstopp schwer getroffen hat.

Damit VW künftig vor solchen Streiks geschützt ist, wurde eine Vertragsstrafe in Millionenhöhe vereinbart. Diese wird fällig, falls die Prevent-Firmen den Konzern nicht beliefern sollten.

Von einem weiteren Boykott ist aber nicht auszugehen, da die künftige Zusammenarbeit nun umfassend geregelt ist, inklusive einer Schiedsstelle für Konflikte. Dass die Prevent-Gruppe sich dabei weitgehend durchgesetzt hat, könnte andere Liefer-Firmen ermutigen, ihre Interessen stärker wahrzunehmen.

Bislang diktieren die großen Hersteller wie BMW, Daimler und VW vielen Zulieferern die Konditionen. Das hatte sich auch bei der Prevent-Firma Car Trim aus Sachsen gezeigt.

Ende Juni hatten VW und die Konzerntochter Porsche umfangreiche Entwicklungs-Kooperationen mit Car Trim bei Sitzbezügen mit jeweils zweiseitigen Schreiben kurzerhand storniert. Nach Darstellung der Prevent-Gruppe seien durch die "grundlose" Kündigung fest einkalkulierte Aufträge im Wert von 500 Millionen Euro verloren gegangen.

Volkswagen sagte nun zu, die Kooperation mit der Prevent-Firma wenigstens zur Hälfte umzusetzen. Für bereits entstandene Kosten erhält Car Trim von VW und Porsche einen Ausgleich in Höhe von 13 Millionen Euro. Die Prevent-Seite hatte 58 Millionen Euro gefordert. Nach dem Ende des Boykotts können die betroffenen VW-Werke nach und nach wieder die Arbeit aufnehmen.

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SZ vom 24.08.2016/sry
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