Bei Audi in Ingolstadt wussten sie, dass die Sache mit den 24 000 betroffenen Fahrzeugen in Deutschland und Europa irgendwann an die Öffentlichkeit kommt. 24 000 mal eine vielleicht illegale Abgas-Software verwendet - und das, obwohl man doch stets versichert hatte, dass man in Europa keine Abgaswerte manipuliert habe. Eine unschöne Angelegenheit, und irgendwann musste sie raus.
Aber doch nicht so, nicht an diesem Donnerstagabend, nicht ohne Absprache, einzig und allein vom Bundesverkehrsminister orchestriert.
Die Chronologie einer Entfremdung: Am Donnerstag berichtet Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), der Autobauer habe eine "unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut". Seitdem geht es neben Manipulationen bei Diesel-Abgasmessungen auch um Kommunikation. Es kracht jetzt zwischen Ingolstadt und Berlin, zwischen dem bayerischen Autokonzern und dem bayerischen Minister.
In einer Videobotschaft, die Rupert Stadler am Freitag ins Audi-Intranet stellen ließ, greift er Dobrindt an. "Die Politik stellt da gerade manches anders dar und hat uns mit ihrem Alleingang an die Medien überrascht", sagt der Chef in dem Beitrag, den Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR einsehen konnten. "Vielleicht wirft der Wahlkampf schon seine ersten Schatten." So etwas hat man selten gehört. Vorhang auf für eine bislang ganz neue Dimension der Dieselkrise. Es ist die Audi-Dobrindt-Krise.
In Ingolstadt kritisieren Manager, dass sich Dobrindt als Aufklärer geriere, obwohl man doch selbst die 24 000 auffälligen Autos gefunden habe im Zuge einer großen Überprüfung. Stadler beteuert seinen Mitarbeitern: "Wir haben diese Beobachtung im Rahmen laufender Gespräche sofort und in Eigeninitiative dem Kraftfahrtbundesamt und dem Bundesverkehrsministerium gemeldet."
Gemeinsam analysieren, gemeinsam reden, gemeinsam dann auch über Lösungen und mögliche Updates kommunizieren, so wünschte es sich Audi offenbar. Doch das Drehbuch bekam eine Wendung - Dobrindt ging an die Öffentlichkeit. "Gestern sind Auffälligkeiten bei Fahrzeugen der Modellreihe A8 und A7 mit V6- und V8-Dieselmotoren erkannt worden", sagte Dobrindt. Die betroffenen Fahrzeuge seien zwischen 2009 und 2013 gebaut worden. Und: "Es handelt sich um eine sogenannte Lenkwinkel-Erkennung." Den Angaben zufolge erkennt eine Software, ob das Auto auf einem Prüfstand steht. Werde das Lenkrad um mehr 15 Grad eingeschlagen, erhöhten sich die Emissionen - womöglich, weil das Auto dann glaubt, es sei auf der echten Straße, werde also nicht überwacht. Der Ausstoß der gesundheitsschädlichen Stickoxide (NOx) sei im realen Betrieb jedenfalls doppelt so hoch wie auf dem Prüfstand. Ein Defeat Device also, wie das heißt. Stadlers Entgegnung im Video: "Wir sind der Meinung, das ist nicht der Fall."