Ex-VW-Chef:Was die Ermittlungen für Winterkorn bedeuten

Martin Winterkorn

Martin Winterkorn, ehemaliger VW-Chef.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat ein Ermittlungsverfahren gegen den zurückgetretenen VW-Chef Martin Winterkorn eingeleitet, der Vorwurf: Betrug.
  • Laut Strafgesetzbuch wird Betrug mit Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet.

Von Klaus Ott

VW-Konzern stellt Strafanzeige - ohne Namen

Vor einer Woche war Martin Winterkorn noch Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, dem größten Autokonzern der Welt, jetzt ist er Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren. So schnell und so tief ist schon lange kein Konzernchef mehr gefallen. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat am Montag Ermittlungen gegen Winterkorn eingeleitet. Schwerpunkt ist der Vorwurf des Betruges durch den Verkauf von Kraftfahrtzeugen mit manipulierten Abgaswerten.

Der Verdacht lautet, Volkswagen habe reihenweise Kunden betrogen - die Käufer der Diesel-Autos mit den geschönten Abgaswerten. Jene Kunden, die sich die betreffenden Fahrzeuge nicht zugelegt hätten, wenn sie gewusst hätten, dass die vom Konzern zugesicherten Abgaswerte nicht stimmten.

Die US-Umweltschutzbehörde Epa hatte VW nachgewiesen, bei zahlreichen Diesel-Fahrzeugen die Abgasvorschriften mithilfe einer eingebauten Software vorsätzlich umgangen zu haben. Volkswagen gab die Manipulation anschließend zu. Weltweit ist diese Software in etwa 11 Millionen Autos verbaut. Winterkorn trat in der vergangenen Woche als VW-Chef zurück - beteuerte aber, sich "keines Fehlverhaltens bewusst" zu sein (das Statement im Wortlaut). Neuer Vorstandsvorsitzender wurde Matthias Müller, bisheriger Porsche-Chef - und durch und durch ein Mann des VW-Konzerns.

Das nun eingeleitete Verfahren richtet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft gegen Winterkorn und weitere Verantwortliche von VW. Wer diese weiteren Verantwortlichen seien, müssten die Ermittlungen erst noch zeigen, so die Staatsanwaltschaft. Die Braunschweiger Behörde hat sehr schnell reagiert. Am Wochenende war die von VW in der vergangenen Woche angekündigte Strafanzeige per Mail eingegangen. Bereits Montagmittag hatte Winterkorn sein Aktenzeichen. Seinen Namen hatte Volkswagen in der Anzeige allerdings nicht genannt. Der Konzern hatte überhaupt keinen Namen genannt.

Was droht Winterkorn?

Des Betruges macht sich schuldig, wer in der Absicht, "sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen", andere schädigt, und zwar durch Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Laut Strafgesetzbuch wird das mit einer Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet. In besonders schweren Fällen, etwa bei systematischem Betrug, kann eine Strafe noch höher ausfallen.

Erst einmal aber gilt für Winterkorn, ebenso wie für alle anderen Beschuldigten in Strafverfahren, bis zum Abschluss des Verfahrens die Unschuldsvermutung. Und bis Ermittlungsergebnisse vorliegen, kann es viele Monate, wenn nicht gar Jahre dauern. Solche Verfahren noch dazu internationalen Ausmaßes sind erfahrungsgemäß sehr komplex: Zahlreiche Zeugen müssen befragt, zehntausende wenn nicht noch viel mehr Mails und andere Dokumente ausgewertet werden.

So lief das Verfahren bei Siemens ab

Zum Vergleich: Beim Schmiergeldfall Siemens, einem der weltweit größten Korruptionsverfahren, kam es nach rund dreieinhalb Jahren zu einem Bußgeld in Höhe von 250 000 Euro für den früheren, langjährigen Vorstands- und späteren Aufsichtsratschef Heinrich von Pierer. Erst dann war die Verantwortung an der Konzernspitze geklärt.

Anders als jetzt bei Winterkorn hatte es allerdings nie ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Pierer, sondern lediglich das Bußgeldverfahren wegen Verletzung interner Aufsichtspflichten bei Siemens gegeben. Das war aus Sicht der Münchner Staatsanwaltschaft eine Ordnungswidrigkeit.

Pierer stritt diesen Vorwurf aber, trotz Zahlung des Bußgeldes, immer ab. Bei einigen anderen Ex-Managern von Siemens dauerten die Verfahren sogar noch länger als bei Pierer. Der Fall Siemens lässt erahnen, wie lange die Causa Volkswagen sich hinziehen könnte. Ziemlich lange jedenfalls.

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