Ex-Siemens-Vorstand Volker Jung:Flucht aus Griechenland

Fast eineinhalb Jahre saß der Ex-Siemens-Vorstand Jung in Griechenland fest, jetzt ist er geflohen. Die Staatsanwaltschaft in Athen will offenbar einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erlassen.

Klaus Ott

Der ehemalige Siemens-Vorstand Volker Jung, der wegen des Schmiergeldskandals seit fast eineinhalb Jahren in Griechenland festgesetzt war, ist von dort geflohen. Nach Angaben der griechischen Zeitung Kathimerini ist Jung, der früher auch Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie war, vergangene Woche nach München zurückgekehrt. Zuvor hatte die Athener Justiz einen Antrag des ehemaligen Siemens-Managers abgelehnt, das im Juni 2009 verhängte Ausreiseverbot aufzuheben.

Ex-Siemens-Vorstand Volker Jung: Volker Jung saß seit der Verhängung des Ausreiseverbots im Juni 2009 in Griechenland fest.

Volker Jung saß seit der Verhängung des Ausreiseverbots im Juni 2009 in Griechenland fest.

(Foto: via Bloomberg News)

Gegen Jung und zahlreiche weitere Ex-Verantwortliche von Siemens wird in Athen wegen Schmiergeldzahlungen an Parteien, Politiker und Staatsfirmen ermittelt. Der Industriekonzern hatte früher in Griechenland und vielen anderen Staaten in nahezu allen Kontinenten Geschäftspartner, Behörden und Regierungen systematisch bestochen, um lukrative Aufträge zu bekommen. Nachdem die Münchner Staatsanwaltschaft dieses System enttarnt hatte, hat Siemens nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden der Korruption abgeschworen. Fast der gesamte Vorstand war ausgewechselt worden.

Die Athener Staatsanwaltschaft verdächtigt Jung, in Korruptionsfälle verwickelt zu sein. Die dortigen Ermittler wollen vom Ex-Vorstand wissen, wen Siemens in Griechenland alles geschmiert hat. Jung durfte seit einer Vernehmung im Juni 2009 das Land nicht mehr verlassen und stand seither gewissermaßen unter Inselarrest. Er hielt sich seitdem mit seiner Frau auf Paros in der Ägäis auf, wo er ein Haus besitzt.

Sämtliche Ausreiseanträge wurden abgelehnt, obwohl die Athener Justiz keine Beweise gegen Jung hatte. Selbst eine Bescheinigung der Münchner Staatsanwaltschaft, dass gegen ihn nichts vorliege, half dem ehemaligen Siemens-Vorstand in Griechenland nicht. Politiker aus Deutschland hatten sich vergeblich für ihn eingesetzt. In griechischen Medien war wiederholt gemutmaßt worden, Jung werde als Faustpfand festgehalten, um eine Rückkehr des nach Deutschland geflohenen früheren Athener Siemens-Chefs Michael Christoforakos zu erzwingen. Von Christoforakos wollte die Athener Justiz die Namen der Schmiergeldempfänger in Parteien und Regierungen erfahren.

Nach Jungs Flucht zurück nach München will die Athener Staatsanwaltschaft jetzt offenbar einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erlassen. Die deutschen Behörden würden ihn zwar nicht ausliefern, er könnte dann aber nicht ins Ausland reisen, weil er dort mit einer Festnahme rechnen müsste. Jungs Münchner Anwalt wollte dazu nicht Stellung nehmen.

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