Ex-Bundesbankchef geht zur UBS:Weber stürzt Deutsche Bank ins Chaos

Monatelang gilt Axel Weber als Favorit für die Nachfolge von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Nach dessen Wechsel zum Schweizer Konkurrenten UBS sind die Frankfurter konsterniert. Ein Schuldiger für die Misere ist schon gefunden.

Helga Einecke und Harald Freiberger

Es sollte ein nettes Kompliment sein. Am 23. Februar sprach der damalige Bundesbankpräsident Axel Weber, 54, am Schweizer Institut für Auslandsforschung in Zürich. Der Mann, der erst kurz zuvor unter großem Getöse angekündigt hatte, seinen Job bei der Bundesbank hinzuwerfen, wurde sehr zuvorkommend empfangen. "Sollte es Ihnen in Deutschland nicht mehr gefallen, stehen Ihnen in der Schweiz alle Türen offen", sagte ein Forscher.

Bundesbank-Chef Weber und Josef Ackermann

Auf Deutsche-Bank-Chef Joe Ackermann wird definitiv nicht Axel Weber folgen.

(Foto: dpa)

Am Freitag früh um sieben Uhr wurde aus einem Kompliment Realität: Völlig überraschend teilte die Schweizer Großbank UBS mit, dass Weber im Mai nächsten Jahres in den Verwaltungsrat des Instituts berufen wird, zunächst als Vize, ein Jahr später als Präsident. Der Job ist mit einem Millionen-Antrittsgeld, einem Sorglos-Aktienpaket und einem dicken Jahresgehalt ausgesprochen gut dotiert. Es handelt sich ja auch um den wichtigsten Banker-Job der Schweiz: Der Chef des Verwaltungsrats hat dort weit mehr Kompetenzen als ein deutscher Aufsichtsratschef. Vor allem spielt er politisch eine zentrale Rolle.

Die Nachricht sandte Schockwellen nach Frankfurt. Dort, in den Zwillingstürmen des größten deutschen Geldhauses, reagierten die Banker konsterniert. Weber war Favorit für das Erbe von Josef Ackermann, dessen Vertrag an der Spitze der Deutschen Bank im Mai 2013 ausläuft. Und nun: Der Nachfolger für den Schweizer geht in die Schweiz. Das Chaos ist perfekt. "Wir müssen das erst einmal verdauen, im Moment weiß niemand, wie es weitergehen soll", sagt ein Top-Manager der SZ. Und fügt hinzu: "Menschenskinder, es muss doch mal Schluss sein mit dem Kinderkram."

Webers Karriereschritt stürzt die Bank in eine schwere Krise. Die Nachfolgersuche läuft aus dem Ruder. Schon zur Hauptversammlung im Mai schrieb eine britische Investorengruppe einen Brief an Aufsichtsratschef Clemens Börsig, in dem sie davor warnte, dass die Hängepartie die internen Kandidaten desavouiere und der Bank schade. Ackermann ließ mehrmals durchblicken, dass er Weber für den idealen Kandidaten halte. Er adelte ihn mit dem Satz: "Die richtige Persönlichkeit kann alles lernen, aber Persönlichkeit kann man nicht lernen."

Zuletzt hieß es in der Bank, dass alles auf Weber zulaufe, aber man habe noch Zeit. Mit seinem Wechsel zur UBS brüskiert der Ökonom nun Ackermann, den er wohl vorher telefonisch informierte. Vertrauten gegenüber ließ Weber durchblicken, dass ihm ein klares Bekenntnis der Deutschen Bank fehlte, nicht so sehr von Ackermann, sondern von Börsig, der eigentlich für die Nachfolgersuche zuständig ist. Von Börsig aber war zu hören, dass er sich von Ackermann niemanden vorschreiben lassen wolle und lieber unter Chefs deutscher Dax-Konzerne suche. Nun gehen die Schuldzuweisungen zwischen Ackermann und Börsig wieder los, zwischen den beiden verfeindeten Lagern bei der größten deutschen Bank.

Keinen König, kein Ass im Ärmel

"Börsig hat den Prozess zu sehr laufen lassen, das ist jetzt schon der zweite Bock, den er schießt", sagt ein Insider. Vor zwei Jahren hatte sich der Aufsichtsratschef selbst als Nachfolger Ackermanns ins Spiel gebracht und damit alle brüskiert. Ackermann verlängerte seinen Vertrag noch mal um drei Jahre.

Nun ist weit und breit ist kein Nachfolger mehr in Sicht. Der Londoner Investmentbanking-Chef Anshu Jain, der seit Jahren für die höchsten Gewinne sorgt, ist der deutschen Politik nach der Finanzkrise kaum vermittelbar. Die möglichen deutschen Kandidaten im Vorstand, Finanzchef Stefan Krause, Risikomanager Hugo Bänziger und Privatkundenchef Rainer Neske, gelten als zu blass. "Im Moment drängt sich niemand auf", sagt ein Deutschbanker. "Die Karten werden jetzt neu gemischt." Nur dass es in dem Kartenspiel keinen König mehr gibt und auch kein Ass irgendwo im Ärmel.

Bei der Schweizer UBS dagegen ging alles sehr schnell. Früh signalisierte man Weber das Interesse, mehrmals reiste er nach Zürich. Die Verantwortlichen der deutschen UBS-Tochter in Frankfurt wussten schon seit sechs Wochen, dass ernsthaft verhandelt wurde. "Weber ist ein hervorragender Mann, der die Bank nach vorne bringen wird", heißt es. Für Weber hat der Wechsel ins Ausland viele Vorteile gegenüber einem Job bei einer deutschen Bank. Die Bundesbank und die EZB werden ihm keine Steine in den Weg legen, seine Kenntnisse aus der deutschen Bankenaufsicht nutzen im Ausland weniger. Der Bundesbank-Vorstand will nächsten Dienstag entscheiden, ob er der Sache zustimmt. Möglich ist eine Sperre von bis zu zwei Jahren.

Für den UBS-Job wird Weber fürstlich entlohnt. Angeblich erhält er als Einstiegsprämie 1,6 Millionen Euro und UBS-Aktien im Wert von 2,4 Millionen. Sein Gehalt soll von 1,2 Millionen Euro im ersten auf 1,6 Millionen Euro im zweiten Jahr steigen - dazu kommen wohl jedes Jahr Aktien im Wert von 2,4 Millionen Euro, die er vier Jahre lang halten muss. Und Zürich ist als Wohnort ja auch ganz schön.

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