Süddeutsche Zeitung

Eva Glawischnig über Glücksspiel:Von den Grünen in die Zocker-Industrie

Eva Glawischnig war an der Spitze der Grünen in Österreich, heute arbeitet sie für einen Glücksspielkonzern. Viele werfen ihr vor, sie hätte sich kaufen lassen.

Von Martin Langeder und Mareen Linnartz

Knapp zwanzig Jahre lang war Eva Glawischnig Spitzenfrau und Gesicht der Grünen in Österreich. Im Frühjahr 2017 beendete sie ihre politische Karriere, ein Dreivierteljahr später sorgte sie für einen Skandal: Die 49-Jährige, die in ihrer Zeit als Politikerin vehement gegen das Geschäft mit dem Glücksspiel gewettert hatte, heuerte ausgerechnet beim Glücksspielkonzern Novomatic an. Viele werfen ihr vor, sie hätte sich kaufen lassen. Das stimme nicht, sagt Glawischnig. "Ich hatte andere Angebote, die deutlich lukrativer gewesen wären."

Ihr Wechsel hatte bei Weggefährten großes Unverständnis ausgelöst. Der ehemalige Parteifreund David Ellensohn etwa sagte: "Mir tun alle Menschen leid, die mit so etwas Geld verdienen müssen." Glawischnig entgegnet, dass ihr Wechsel für viele auch ein Abschied von "Eva Glawischnig als Kunstfigur" gewesen sei. "Als Sprecherin einer ganzen Bewegung war ich Projektionsfläche - ich bin aber als Persönlichkeit vielschichtiger, als es öffentlich sichtbar war."

Glawischnig ist mit dem Zug zum Treffen in einem Berggasthof in Alpbach in Tirol angereist. Sie bestellt eine Soda-Zitrone und setzt sich an den Holztisch. Sie macht gerne längere Pausen, bevor sie antwortet. Bei Novomatic, mit 4,5 Milliarden Euro Umsatz Europas größter Glücksspielkonzern, hat sie eine neu geschaffene Funktion übernommen: Sie kümmert sich um Nachhaltigkeit und verantwortlichen Umgang mit dem Glücksspiel. "Mich beschäftigt die Frage: Wie geht man mit gesellschaftlich sensiblen Themen um, wie etwa Glücksspiel, die auch Probleme verursachen können. In diesem Spannungsfeld zu arbeiten, hat mich gereizt", sagt Glawischnig.

Im SZ-Interview spricht die zweifache Mutter außerdem darüber, ob die Gestaltungsmacht in Wirtschaft oder Politik größer ist. Sie erzählt, wie hoch das ideale Trinkgeld ist und schildert, wieso sie einen Brand in ihrer Studentenwohnung als Befreiung empfunden hat.

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