Süddeutsche Zeitung

Währungsunion:So soll die Euro-Zone reformiert werden

  • Die Euro-Finanzminister haben sich auf eine Reform der Euro-Zone geeinigt.
  • Sie wollen den Euro-Rettungsfonds weiterentwickeln, weitere Schritte in Richtung Bankenunion gehen und einen eigenen Haushalt für die Euro-Zone entwerfen.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Es dauerte dann doch länger als gedacht: Ganze 16 Stunden verhandelten Europas Finanzminister über eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion. Erst am frühen Dienstagmorgen konnte Euro-Gruppen-Chef Mário Centeno eine Einigung verkünden. Das Paket, das nun auf dem Tisch liegt, soll in der kommenden Woche von den Staats- und Regierungschefs bei ihrem EU-Gipfeltreffen beschlossen werden. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Euro-Rettungsfonds

Eigentlich sollte der Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds ausgebaut werden. Die Idee dafür stammt ursprünglich vom ehemaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Sein sozialdemokratischer Nachfolger Olaf Scholz will zwar weiter an diesem Ziel festhalten, aber bis der ESM auf Augenhöhe mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ist, dürfte es noch lange dauern. Bislang kann er vor allem pleitebedrohten Staaten mit Krediten im Gegenzug für Spar- und Reformauflagen beispringen - wie zuletzt etwa Griechenland. Sollte künftig ein Euro-Staat vor der Pleite stehen, spielt der ESM eine stärkere Rolle beim Entwurf und der Überwachung von Kreditprogrammen.

Da sich der IWF wohl kaum mehr an europäischen Krisenprogrammen beteiligen dürfte, soll der ESM die Schuldentragfähigkeit von Staaten selbst bewerten, um sicherzustellen, dass Kredite langfristig zurückgezahlt werden können. Außerdem soll der Zugang zu einer sogenannten "vorsorglichen Kreditlinie" klarer geregelt werden, die ein Land abrufen kann, wenn es unverschuldet in wirtschaftliche Turbulenzen gerät. Als Beispiel wird stets Irland genannt, das von einem Brexit-Schock getroffen werden könnte. Diese Kreditlinie gibt es beim ESM zwar schon länger, wurde aber bislang noch nie genutzt.

Bankenunion

Der Euro-Rettungsfonds soll auch bei der Abwicklung von maroden Kreditinstituten eine wichtigere Rolle spielen. Beim ESM wird die sogenannte Letztsicherung (Backstop) für den Bankenabwicklungsfonds SRF angedockt. Dieser soll bis zum Jahr 2024 von den Banken selbst mit 55 Milliarden Euro befüllt werden. Damit soll verhindert werden, dass Steuerzahler für Bankenpleiten haften müssen. Reicht der Geldtopf nicht aus, greift der Backstop, für den die Euro-Staaten weitere 60 Milliarden Euro bereit stellen sollen. Die Euro-Länder wollen so das Vertrauen in den Bankensektor stärken und Kettenreaktionen in der Finanzbranche verhindern. Die Letztabsicherung soll von 2024 an funktionsfähig sein.

Euro-Gruppen-Präsident Mário Centeno sagte, der Backstop könne auch schon früher kommen, wenn es im Jahr 2020 genügend Fortschritte bei der Reduzierung von Risiken bei den Banken gebe. Beim Thema Einlagensicherung, das auch zur angestrebten Vollendung der Bankenunion gehört, gab es keine weiteren Fortschritte. Beim EU-Gipfel soll lediglich bekundet werden, dass man weiter daran arbeite. Darüber hinaus wurde noch das sogenannte Bankenpaket beschlossen, das die Risiken in den Bilanzen weiter reduzieren soll. Zudem sollen die Geldhäuser eine verbindliche Verschuldungsquote von drei Prozent einhalten. Systemrelevante Kreditinstitute wie die Deutsche Bank oder die französische Société Générale müssen ausreichende zusätzliche Kapitalpuffer aufbauen, die im Falle einer Abwicklung Verluste ausgleichen sollen.

Euro-Zonen-Haushalt

Der deutsch-französische Vorschlag eines Budgets für die Währungsunion soll im Kreis der Staats- und Regierungschefs diskutiert werden. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire goutierte, dass seine europäischen Kollegen "zum ersten Mal eine echte Perspektive auf einen Haushalt der Eurozone" eröffnet hätten. An der von Paris gewünschten Möglichkeit einer Stabilisierung von wirtschaftlich schwächelnden Staaten werde aber noch gearbeitet. Länder wie die Niederlande lehnen eine solche Funktion kategorisch ab und wären - wenn überhaupt - nur für einen Investitionshaushalt zu haben, der für mehr Wettbewerbsfähigkeit sorgen könnte.

Das Euro-Zonen-Budget soll innerhalb des EU-Haushalts angesiedelt werden. Damit werden die Verhandlungen darüber erst im Zuge der Gespräche über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der Jahre 2021-2027 beginnen. Die mögliche Größe eines Budgets ist genauso offen wie die Frage, wie Nicht-Euro-Staaten davon überzeugt werden sollen, diesem Vorhaben zuzustimmen. Das müssen sie nämlich, denn der EU-Haushalt muss einstimmig verabschiedet werden. Unklar ist auch, woher das Geld dafür kommen soll - im Gespräch ist eine Finanztransaktionssteuer.

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SZ vom 05.12.2018/vd
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