Europas Haushaltssünder 2: Bella Italia:Kreative Buchführung

Italiens Defizit wird mit haushaltspolitischen Kniffen verschleiert.

Von Christiane Kohl

Auf den ersten Blick wirken die italienischen Finanzen noch halbwegs geordnet. Das Haushaltsdefizit für 2003 wirdauf 2,4 Prozent des Bruttoinlandprodukts geschätzt und liegt mithin unterhalb der kritischen Drei-ProzentMarke.

Außerordentliche Einnahmen

Freilich hat Italiens Schatzminister Giulio Tremonti dies nur mit einer Reihe von haushaltspolitischen Kniffen erreicht, die in Italien unter dem Stichwort "kreative Buchführung" laufen. So gelang es Tremonti vor allem durch den Verkauf staatlicher Liegenschaften sowie durch außerordentliche Einnahmen aus diversen Steueramnestien, seinem Etat beträchtliche Beträge zuzuführen.

Solches Geld aber lässt sich nur einmal einnehmen. Und bei der eigentlich kritischen Frage, der Staatsverschuldung, stehen die Italiener immer noch sehr schlecht da. Nach den europäischen Stabilitätskriteriendarf der gesamte Schuldenberg eines Mitgliedstaates nur bis zu 60 Prozent des Volkseinkommens erreichen - in Italien liegt die Staatsverschuldung hingegen immer noch um 110 Prozent. Schon beim Eintritt in die Währungsunion hatte Italien in diesem Punkt die Maastricht-Kriterien nicht erfüllen können.

Ernste Rezession

Immer mal wieder werden die Italiener aus Brüssel ermahnt, doch endlich die notwendigen Strukturreformen anzupacken. Ein Hintergrund für die schlechte Haushaltssituation ist die problematische Wirtschaftslage: In den letzten beiden Quartalen ging die Wirtschaftsleistung um jeweils 0,1 Prozent zurück, Italien steckt in einer ernsten Rezession.

Dessenungeachtet macht die Regierung jedoch keine Anstalten, die strukturellen Defizite durch eine beherzte Reformpolitik zu beheben. Schon gibt es Kritik aus der italienischen Wirtschaft, die Regierung habe "den Schwung verloren", polterte kürzlich etwa der Chef des Arbeitgeberverbandes. Und der Präsident der italienischen Notenbank, Antonio Fazio, kritisierte, dass die Finanzpolitik zunehmend vom Stabilitätspfad abweiche.

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