Süddeutsche Zeitung

Europäischer Vergleich:Mehr Mindestlohn in 17 EU-Ländern

Die deutsche Lohnuntergrenze von 8,50 Euro ist die niedrigste in Westeuropa.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Während in Deutschland der Mindestlohn in diesem Jahr gleich bleibt, haben 17 von 22 EU-Staaten 2016 oder kurz davor ihre gesetzliche Lohnuntergrenze angehoben. Dies geht aus dem neuen Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Danach stiegen die staatlichen Untergrenzen 2015 um durchschnittlich 4,6 Prozent und damit deutlich kräftiger als in den ersten drei Jahren nach der Finanzkrise 2008/2009. Im Vorjahr belief sich das Plus noch auf 3,7 Prozent. "Da gleichzeitig die Inflation sehr niedrig war, legten die Mindestlöhne in den meisten EU-Ländern auch real deutlich zu", teilte die Stiftung mit. Spitzenreiter in der EU ist Luxemburg, mit einem Mindestlohn von 11,12 Euro, ganz unten liegt Bulgarien mit 1,24 Euro (Grafik). Dabei spiegeln die großen Unterschiede auch die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten wider. Berücksichtigt man die Kaufkraftstandards in den jeweiligen Ländern, verringert sich das Verhältnis zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Mindestlohn von eins zu neun auf etwa eins zu vier.

Die seit 1. Januar 2015 geltende gesetzliche Lohnuntergrenze in Deutschland beträgt 8,50 Euro. Damit bilde die Bundesrepublik "mit einigem Abstand das Schlusslicht der westeuropäischen Spitzengruppe", heißt es in der Analyse des WSI-Forschers Thorsten Schulten. Im EU-weiten Vergleich sei der deutsche Mindestlohn "moderat", so der Forscher. Daran dürfte sich auch nichts ändern, wenn die Untergrenze wie im Gesetz vorgesehen vom 1. Januar 2017 an erstmals erhöht wird. Darüber entscheidet die Mindestlohnkommission, in der jeweils drei stimmberechtigte Vertreter der Gewerkschaften und Arbeitgeber sitzen. Das Gremium muss sich an der Tarifentwicklung orientieren. Maßgebend sind die Tarifjahre 2015 und das erste Halbjahr 2016. Nach ersten Hochrechnungen dürfte der Mindestlohn deshalb auf einen Wert um die 8,85 Euro plus/minus ein paar Cent anziehen.

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Quelle:
SZ vom 01.03.2016
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