Gründlichkeit soll Vorrang vor Schnelligkeit haben, zumindest wenn es bei der geplanten europäischen Bankenaufsicht nach Angela Merkel geht. Dies betonte die Bundeskanzlerin nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande in Ludwigsburg. "Es muss gründlich sein, eine gute Qualität haben, und dann schauen wir, wie lange das dauert", sagte Merkel.
Nach ihrer Einschätzung bestehen zwischen Deutschland und Frankreich in dieser Sache keine Differenzen. "Da sind wir gar nicht auseinander", sagte Merkel nach dem Treffen mit Hollande. Zuletzt gab es noch unterschiedliche Standpunkte zum Zeitplan.
Deutschland hatte im Vorfeld auf erhebliche rechtliche Probleme aufmerksam gemacht. Aber Hollande, der zuvor auf eine schnelle Umsetzung möglichst bis zum 1. Januar 2013 gedrungen hatte, äußerte sich nach dem Treffen vorsichtiger. "Umso früher, umso besser", sagte er auf die Frage, wann die Bankenaufsicht einsatzbereit sein solle. "Ich bin für eine Bankenunion, das ist ein sehr wichtiger Beitrag zur Stabilität", betonte der Sozialist.
Es gehe bei dem Projekt darum, mehr Verlässlichkeit und mehr Durchgriffsrechte zu schaffen, damit die Finanzmärkte wieder Vertrauen fassten. Es nütze aber auch nichts, etwas auf die lange Bank zu schieben, so Merkel. Deshalb wolle man die Finanzminister bitten, so zügig wie möglich zu arbeiten.
Die Bankenaufsicht ist Voraussetzung dafür, dass klamme Banken direkt Hilfe aus den Euro-Rettungsfonds erhalten können. Nach dem Willen von Hollande sollte die Europäische Zentralbank (EZB) die Aufsicht übernehmen, aber die nationalen Aufsichten dabei selbstverständlich eine Rolle spielen. Damit kommt er der Bundesregierung entgegen, die einen Vorschlag der EU-Kommission abgelehnt hat, nach dem die EZB die Aufsicht über alle rund 6000 Banken in der EU bekommen soll, also auch über die regionalen und lokalen Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
Rettungsschirm aus den Mitteln der Banken
Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück möchte die Banken selbst mehr in die Haftung nehmen. Er fordert in einem Arbeitspapier einen Rettungsschirm aus den eigenen Mitteln der Banken, wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe berichtet.
"Wenn eine Bank vor der Pleite steht, sollte nicht gleich mit Staatsknete geholfen werden", sagte Steinbrück dem Magazin. Stattdessen sollen zuerst die "Gläubiger und Aktionäre dran" sein. Der Aufbau eines solchen "Banken-ESM" werde einige Jahre dauern und müsse eine Summe von 150 bis 200 Milliarden Euro betragen, glaubt Steinbrück.
Außerdem sieht das Konzept des SPD-Politikers vor, Spekulationsgeschäfte mit Rohstoffen zu verbieten und das Investmentgeschäft vom Kredit- und Einlagengeschäft der Institute zu trennen. "Die Politik muss die Leitplanken bestimmen", sagte Steinbrück dem Spiegel.
Altkanzler Helmut Schmidt warnte dagegen vor zu viel Einflussnahme aus Deutschland. "Das deutsche Bundesverfassungsgericht, die Bundesbank und vorher schon Bundeskanzlerin Merkel gerieren sich zum Teil zur Verzweiflung unserer Nachbarn als das Zentrum Europas", sagte Schmidt auf einer Rede im Münsteraner Rathaus. Dort wurde der 93-Jährige wurde für sein lebenslanges Engagement für ein friedlich geeintes Europa mit dem Preis des Westfälischen Friedens ausgezeichnet.
Deutschland lasse die Staaten Europas bisweilen zu sehr spüren, dass die Bundesrepublik die ökonomisch stärkste Nation der Union ist. Schmidt warnt daher vor einer "national-egoistischen Sichtweise", die nach seiner Ansicht prägend für die öffentliche Meinung in Deutschland sei: "Die Europäische Union könnte auch an den Deutschen scheitern."