Süddeutsche Zeitung

Europa:Späte Einigung auf neuen EU-Etat

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In letzter Minute haben Mitgliedstaaten und Europaparlament den Haushalt 2020 abgesegnet. Es gibt mehr Geld für Klimaschutz und Forschung.

Von Björn Finke, Brüssel

Es war kurz vor knapp: Die Mitgliedstaaten und das Europaparlament einigten sich am späten Montagabend auf den EU-Haushalt für kommendes Jahr. Um Mitternacht wäre die Frist für diese Gespräche ausgelaufen. Bei einem Scheitern hätte die EU das neue Jahr wohl ohne gültigen Etat begonnen. Im Vergleich zu 2019 steigt das Volumen jetzt leicht an. EU-Budgets verfügen immer über zwei Kennziffern - eine Obergrenze für die Auszahlungen und ein Limit für die Finanzzusagen, die Brüssel treffen kann, auch wenn das Geld vielleicht erst in späteren Jahren fließt. Der Kompromiss sieht Auszahlungen von fast 154 Milliarden Euro vor, ein Plus von gut drei Prozent verglichen mit 2019. Die Finanzzusagen steigen nur halb so schnell auf 169 Milliarden Euro.

Das EU-Parlament wünschte sich insbesondere bei den Auszahlungen deutlich höhere Zuwächse, doch die Mitgliedstaaten wollten nicht mitmachen. Dafür kamen die Länder den Abgeordneten bei den Finanzzusagen entgegen. Die Regierungen wollten diese Verpflichtungen nahezu unverändert lassen, akzeptierten nun aber eine kleine Zunahme. Aus der Verhandlungsdelegation der Bundesregierung hieß es, der "gute Kompromiss" stärke Europa und sichere die Handlungsfähigkeit der EU.

Ein ergebnisloses Ende der Gespräche hätte diese Handlungsfähigkeit in der Tat gemindert. Haushaltskommissar Günther Oettinger legte bereits im Sommer einen Budgetentwurf vor, danach beschlossen die Staaten und das Parlament ihre Positionen dazu. Von Ende Oktober bis Montag lief eine dreiwöchige Vermittlungsphase zwischen beiden Seiten. Ohne Einigung hätte die neue EU-Kommission, die im Dezember ihre Arbeit beginnt, einen geänderten Etatplan entwerfen müssen, und das Procedere hätte von Neuem angefangen. Die EU wäre vermutlich nur mit einem Nothaushalt in das Jahr 2020 gestartet.

Der Kompromiss wurde nur akzeptiert, "um die nächste europäische Krise abzuwenden".

Jens Geier, der Vorsitzende der SPD-Europaabgeordneten, ist vom Inhalt des Kompromisses enttäuscht. Er sagt, die Verhandler des Parlaments hätten den "nur deshalb akzeptiert, um die nächste europäische Krise abzuwenden". Auch die für das Jahresbudget zuständige Europaabgeordnete Monika Hohlmeier spricht von einem "nicht ganz zufriedenstellenden" Resultat, hebt aber die Erfolge hervor: "Es ist uns gelungen, 850 Millionen Euro für die Prioritäten des Parlaments in den Haushaltsentwurf der Kommission aufzunehmen", sagt die CSU-Politikerin. So flössen 500 Millionen Euro zusätzlich in den Klimaschutz; für Forschung und Programme für Jugendliche gebe es ebenfalls mehr Geld. Der grüne Europa-Abgeordnete Rasmus Andresen nennt den Etatplan gar den "grünsten Haushalt in der Geschichte" der EU.

Das Budget ist das letzte im siebenjährigen Finanzrahmen von 2014 bis 2020. Der Rahmen gibt vor, wie viel Geld für diesen Zeitraum zur Verfügung steht. Der Kompromiss-Haushalt schöpft die Vorgaben nicht komplett aus: 1,5 Milliarden Euro an Finanzzusagen sind übrig. Den Mitgliedstaaten war diese Reserve wichtig, um den Etat zur Not einfach aufstocken zu können - wenn etwa im Falle eines ungeregelten Brexit Branchen schnell Hilfe brauchen. Die Staaten verhandeln auch bereits über den nächsten siebenjährigen Finanzrahmen, von 2021 bis 2027. Die Positionen liegen noch weit auseinander.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2019
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