Europa in der Schuldenkrise:80 Milliarden Euro sollen Italiens Wirtschaft ankurbeln

Neben Griechenland und Spanien nehmen die Finanzmärkte nun auch Italien ins Visier. Den Händlern fehlt das Reformtempo. Jetzt hat die Regierung Monti ein heiß erwartetes Programm auf den Weg gebracht.

Italiens Wirtschaft muss gesunden. Nachdem Spanien Unterstützung durch den Rettungsschirm zugesichert wurde, war in Italien schon die nächste kriselnde Wirtschaftsnation in der Euro-Zone gefunden. Eifrig begannen die Spekulationen, nachdem sich die Finanzwelt kurz zuvor noch positiv über die Anstrengungen der Südeuropäer geäußert hatte.

Nun hat Italiens neuer Chef Mario Monti mit seiner Regierung einen wichtigen Schritt getan, um die drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone wieder in den Kreis der soliden Länder zurückzuführen. 80 Milliarden Euro sollen nun das Wachstum ankurbeln. Die italienische Regierung will damit wieder Schwung in die Wirtschaft bringen und Schulden abbauen.

Die vom Kabinett verabschiedeten Maßnahmen umfassen den Verkauf von Staatseigentum, die Ausgabe von speziellen Anleihen für Infrastrukturprojekte sowie unter anderem eine Reduzierung der Mitarbeiter im Finanzministerium.

Eingeplant hat die Regierung Einnahmen von zehn Milliarden Euro durch den Verkauf von Finanz- und Aufsichtsbehörden, die durch das Finanzministerium kontrolliert werden. Mit dem Geld sollen öffentliche Schulden beglichen werden. Zudem sollen durch die Maßnahmen Konkursanträge vereinfacht werden, sodass Unternehmen ihre Schulden umstrukturieren können und Zivilverfahren künftig verkürzt werden.

Es gehe vor allem auch darum, für kleine und mittlere Firmen Anreize zu schaffen, sagte der Minister für Wirtschaftsentwicklung, Corrado Passera, nach einer fünfstündigen Diskussion im Kabinett. Schon in der vergangenen Woche hatte das Kabinett über die Maßnahmen debattiert, es jedoch nicht geschafft, sich zu einer Entscheidung durchzuringen. Der Finanzminister hatte Zweifel an der Kalkulation. "Das ist jetzt ein organisches und robustes Stück Arbeit", sagte Monti jetzt zu dem Dekret, das zunächst nicht vom Parlament gebilligt werden muss.

Mit den Fördermaßnahmen hat Monti ein wichtiges weiteres Element zu seinen Blitzreformen hinzugefügt, die die ersten 100 Tage seiner Amtszeit geprägt hatten. Damals wurde ihm vorgeworfen, zu viel zu sparen und das Wachstum zu stoppen.

Er drückte Kürzungen, Steuererhöhungen, eine Rentenreform, den Kampf gegen Steuersünder, Liberalisierungen und Entbürokratisierungen durch. Die Finanzwelt sah wohlwollend zu, die Renditen sanken. Auch von den Ratingagenturen kam Lob. "Wir sind überrascht über das, was Italien in den vergangenen Monaten geleistet hat", gestand Jean-Michel Six, Chef-Ökonom für Europa bei Standard & Poor's.

Doch es bleiben Baustellen. Der Arbeitsmarkt gilt immer noch als verkrustet und lähmend, auch weil die Gewerkschaften alte Privilegien verteidigen - auch zulasten der Arbeitnehmer, die nicht in einer Gewerkschaft organisiert sind. Die Schwarzarbeit, bei der der Staat leer ausgeht, macht noch immer bis zu einem Fünftel der Wirtschaftsleistung aus.

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