500-Euro-Schein:Manche nannten ihn bin-Laden

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Die Bundesbank gibt die letzten Fünfhunderter aus. Warum wurden sie in Spanien nach einem Terroristen benannt? Und wie sicher sind sie wirklich? Fünf überraschende Fakten.

Von Victor Gojdka, München

Nun endet die Gnadenfrist: Die Deutsche Bundesbank und die Österreichische Nationalbank schicken den 500-Euro-Schein in Pension. Von diesem Freitag an geben beide Notenbanken den Riesenschein nicht mehr aus. Die anderen 17 Euro-Länder hatten bereits Anfang des Jahres Schluss mit den Fünfhundertern gemacht.

Bei vielen Deutschen sorgt diese Nachricht für Panik: Verpufft jetzt der Wert der Scheine? Nein, davor müssen Sparer und Anleger keine Angst haben. Der lilafarbene Schein bleibt weiterhin und auf unbegrenzte Zeit offizielles Zahlungsmittel - die Notenbanken geben eben nur keine neuen dieser Scheine mehr aus. Dass die europäischen Zentralbanker nun rot für den lilafarbenen Fünfhunderter sehen, hat mit einem Verdacht zu tun: Die größte Euro-Banknote könnte Schmugglern und Schwarzhändlern ihr Geschäft unnötig leicht machen. Unter Experten ist jedoch umstritten, ob sich zweifelsfrei eine Verbindung zwischen den Fünfhundertern und mehr Kriminalität herstellen lässt. Zum Abschied auf Raten für den Geldschein: fünf unglaubliche Fakten zum Fünfhunderter.

1 Fünfhunderter dürften bald mehr wert sein als 500 Euro.

Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: Stefan Dimitrov)

Für einen Geldschein mehr zu bezahlen als die aufgedruckte Zahl? Das klingt irre. Doch mit dem Ableben des Fünfhunderters könnte das bei dem lila Geldschein der Fall sein. Für Kriminelle ist der 500-Euro-Schein wichtig, um große Geldsummen möglichst unerkannt über Landesgrenzen zu schmuggeln. Das geht mit den großen Banknoten am einfachsten: Wer zehn Millionen Euro transportieren will, braucht dafür nur drei Geldkoffer, wenn er sie mit dem größten Euro-Schein füllt. Wer stattdessen Fünfziger nähme, müsste schon 24 Koffer schleppen. Viele Profiverbrecher schmuggeln Geld allerdings nicht filmreif in schicken Koffern, sondern stopfen die lila Scheine in Ü-Eier oder schlucken Geldpakete wie Drogenbeutel - da kommt es noch mehr darauf an, Platz zu sparen. Schon heute zahlen manche Kriminelle für einen 500-Euro-Schein deswegen mehr als 500 Euro, zeigt ein Bericht der europäischen Polizeibehörde Europol. Wie viel mehr die Kriminellen genau bezahlen, ist unklar. Daten aus anderen Ländern, die die Universität Harvard zusammengetragen hat, zeigen jedoch: Große Dollarscheine kosten in Entwicklungsländern bisweilen fünf oder zehn Prozent mehr als der aufgedruckte Betrag.

2 Fälscher meiden den lila Schein.

Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: Stefan Dimitrov)

Auch wenn beim Fünfhunderter gewissermaßen der größte Wert in das Baumwollpapier eingewoben ist, schrecken Geldfälscher vor dem Schein zurück. Zahlen der Europäischen Zentralbank zeigen: Nur 1,4 Prozent aller gefälschten Euro-Scheine, die entdeckt werden, sind aktuell Fünfhunderter. Viele Einzelhändler akzeptieren die Riesenbanknote nämlich nicht, zu groß ist die Gefahr, einem "Falschen" aufzusitzen. Und selbst wer als Geschäft den Schein akzeptiert, kann ihn mit Blaulichtlampen durchleuchten - und so feststellen, ob die Banknote echt ist. Oder mehr Schein als Sein. Das macht Fälschungen für Kriminelle wenig attraktiv, denn sie riskieren, auf dem vielen Bargeld sitzen zu bleiben. Manche Kriminelle nutzen die großen Scheine trotzdem: Sie versuchen dann, die falschen Fünfhunderter anderen Gangstern unterzujubeln. In Spanien betrieb ein Drogenring gewissermaßen als Nebengeschäft eine Geldfälscherwerkstatt. Mit falschen Noten im Wert von acht Millionen Euro wollten sie andere Drogengruppen bezahlen. Dazu kam es allerdings nie, der Ring flog auf.

3 Eine 500-Euro-Note kostet nur neun Cent - zumindest in der Herstellung.

Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: dimtirov)

Zwar unterscheiden sich die genauen Produktionskosten je nach Menge der bestellten Scheine, aber dieser Richtwert gilt unter Experten als seriös. Mit neun Cent ist die wertvollste Euro-Banknote auch in der Produktion der teuerste Schein. Das ist logisch, denn mit 131,2 Quadratzentimetern ist der Fünfhunderter auch flächenmäßig die größte Euro-Note - und braucht deswegen am meisten Baumwollpapier.

Die letzten 500-Euro-Scheine haben die Druckerei allerdings schon lange verlassen. Zum letzten Mal sind die Riesenscheine bereits 2014 im Auftrag der Österreichischen Notenbank gedruckt worden. Damals kamen 85 Millionen "Lilane" aus der Druckerpresse - mit einem Wert von 42,5 Milliarden Euro. Sie zu produzieren, hätte bei dem Richtpreis von neun Cent hingegen nur rund acht Millionen Euro gekostet.

Ein bisschen Flunkerei ist bei der Rechnung aber dabei: Denn die Scheine müssen unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in die Tresore gebracht werden, beschädigte Scheine später eingezogen und vernichtet werden. Bargeld verursacht an allen Ecken und Enden also weitere Kosten.

Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: Stefan Dimitrov)

4 Die Fünfhunderter sind weniger sicher als andere Euro-Scheine.

Wasserzeichen, Sicherheitsfäden im Papier, Perforationen, ein Hologramm, changierende Farbtöne, ultraviolette Tinte - die Liste der Sicherheitsmerkmale eines Fünfhunderters ließe sich noch lange fortsetzen. Doch in Sachen Sicherheit schneiden andere Geldscheine besser ab als der Fünfhunderter. Vor einigen Jahren hat die Europäische Zentralbank nämlich eine neue Banknotenserie aufgelegt. Mit ihr sind die neuen Euro-Banknoten "noch sicherer", heißt es bei der Europäischen Zentralbank. Bei der neuen Noten-Generation scheint auf der linken Seite zum Beispiel die Mythengestalt Europa als Wasserzeichen durch. Außerdem gibt es oben rechts im Folienstreifen ein neues Hologramm mit dem Euro-Zeichen. Für den Fünfhunderter kommen die neuen Scheine allerdings zu spät: Er wurde in die neue Serie erst gar nicht mehr aufgenommen - und muss ohne die Zusatzsicherheit auskommen.

Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: Stefan Dimitrov)

5 In Spanien bekam der Fünfhunderter den Spitznamen "bin Laden" verpasst.

Geldscheine tragen oft kuriose Spitznamen: 20 Mark waren für viele Berliner früher ein "Pfund", Hundert-Dollar-Scheine heißen nach dem abgebildeten US-Präsidenten auch "Benjamins". Und die Euro-Noten mit der großen 500 tragen zumindest in Spanien einen ebenfalls berühmten Namen: den des Terroristenführers Osama bin Laden. Warum das? Ganz einfach: Man weiß, dass es ihn gibt, aber kaum einer hat ihn je gesehen - so witzelt der spanische Volksmund über bin Laden und den Euro-Schein. Ganz abwegig ist der Vergleich mit dem Terroristen nicht, schließlich bringen viele Experten die großen Scheine mit der kriminellen Unterwelt in Verbindung. Dass allerdings ausgerechnet die Spanier behaupten, sie hätten noch nie Fünfhunderter in der Hand gehabt, ist merkwürdig. Zahlen der spanischen Zentralbank zeigen nämlich, dass dort über Jahre extrem viele Fünfhunderter in Umlauf kamen - aber nur wenige ihren Weg zurück zur spanischen Zentralbank fanden. Das muss an sich noch nicht viel heißen. Doch gerade auf der Höhe des Immobilienbooms vor der Finanzkrise war es in Spanien Usus, bis zu einem Drittel des Kaufpreises für ein Haus mit den größten aller Euro-Scheine zu begleichen, mitunter vorbei am Fiskus. Zumindest einige spanische Hauskäufer dürften also durchaus mit den Fünfhundertern in Berührung gekommen sein.

Der Vergleich mit dem gefürchteten Terroristen passt trotzdem: Posthum meldeten US-Medien, dass bin Laden zum Zeitpunkt seiner Tötung spezielle Kleider getragen hat. In die war neben einem Mobiltelefon auch Geld eingenäht. Im Gegenwert von, genau, 500 Euro.

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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