Euro-Rettungsschirm:Neue Zeit, altes Risiko

Irland und Spanien steigen im Dezember aus den Euro-Rettungsprogrammen aus. Eine gute Nachricht für die angeschlagene Währungsgemeinschaft, 14 ihrer 17 Länder wirtschaften wieder unabhängig. Von einer Trendwende in der Euro-Zone kann dennoch keine Rede sein.

Ein Kommentar von Cerstin Gammelin, Brüssel

Irland und Spanien haben einen sauberen Abgang hingelegt. Sie steigen im Dezember aus den Rettungsprogrammen aus und verzichten souverän auf weitere Notkredite. Das ist eine gute Nachricht für die angeschlagene Währungsgemeinschaft. 14 der 17 Euro-Länder wirtschaften wieder unabhängig. Und der Beweis ist erbracht, dass die heftig umstrittenen Hilfsprogramme erfolgreich umgesetzt werden können.

Von einer Trendwende in der Euro-Zone kann dennoch keine Rede sein. Es bleibt das Problem, das die Staaten unter den Rettungsschirm trieb: die enge Verflechtung von Staatsanleihen und Banken. Außerdem müssen drei Länder - Griechenland, Portugal und Zypern - weiterhin mit Hilfskrediten wirtschaften. Die Aussichten sind schlecht, sie absehbar aus der Abhängigkeit entlassen zu können. Griechenland, das Epizentrum der Euro-Krise, brodelt heftig vor sich hin. Ob das Land jemals in die wirtschaftliche Freiheit entlassen werden kann, ist so unsicher wie die Voraussage, dass Griechenland langfristig den Euro als Zahlungsmittel behalten wird.

Zwei Generationen müssen abstottern

Fraglich ist auch, wie Irland und Spanien mit den Hypotheken fertigwerden, die sie in die Freiheit mitnehmen. Die irischen Bürger haben ungefähr 60 Milliarden Euro an Krediten abzustottern. Mindestens zwei Generationen müssen also für die verfehlte Politik ihrer Vorfahren bezahlen. Dieses Geld kann nicht für andere Zwecke ausgegeben werden, etwa für die Förderung von Unternehmen und Jobs. Um einigermaßen über die Runden zu kommen, wird der irischen Regierung also nichts anderes übrig bleiben, als weiterhin mit niedrigen Steuern Konzerne ins Land zu locken.

Auch Spanien hat sich in den vergangenen Jahren extrem verschuldet. Zwar werden die Bürger nicht so lange wie die Iren arbeiten müssen, um die Schulden abzuzahlen; die Regierung in Madrid wird die Milliarden aber vermissen, wenn es darum geht, Konjunkturprogramme zu füllen. Und sie wird sich einiges einfallen lassen müssen, um Investoren ins Land zu holen.

Das Abstottern der Schulden ist eine Herausforderung. Eine andere ist es, die Schuldenberge nicht wachsen zu lassen - das kann schwer bis unmöglich werden, wenn die Bilanzen der Banken bis ins kleinste Detail ausgeleuchtet werden. Diese Untersuchungen stehen für alle Banken der Euro-Zone an, bevor die Europäische Zentralbank im Herbst 2014 die Aufsicht über die Banken übernehmen wird.

Schlechte Erfahrungen mit den Banken

Irland und Spanien haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit ihren Geldhäusern gemacht. In beiden Ländern zwangen von der Pleite bedrohte Banken die Regierungen, Milliardenkredite aufzunehmen und unter den Rettungsschirm zu schlüpfen. Auch wenn Dublin und Madrid jetzt in die wirtschaftliche Freiheit zurückkehren, sind ihre Banken längst nicht über den Berg. Je nachdem, wie hell die Prüfer die Bücher ausleuchten und wie hart die anschließend geplanten Stresstests ausfallen, könnten auch irische und spanische Banken wieder Geld brauchen.

Ob die Geldhäuser nötige Mittel selbst aufbringen können, ist fraglich; dass die Regierung erneut einspringt, bleibt angesichts der Schuldenberge unwahrscheinlich. Also bleibt nur ein Weg, um neue Finanzlöcher zu stopfen: Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds. Sollen die Schuldenberge nicht weiter steigen, muss dieses Geld sofort an die Banken gehen, ohne Umweg über die Regierung. Es wäre also nötig, die Banken direkt zu rekapitalisieren.

Die Bundesregierung hält nicht viel von dieser Idee. Andererseits hat sie ein großes Interesse daran, Irland und Madrid als Erfolgsgeschichten der von ihr maßgeblich bestimmten Euro-Rettungspolitik zu deklarieren. Das gelingt nur, wenn im Herbst 2014 die direkte Bankenrekapitalisierung kein Tabu mehr ist.

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