Euro-Rettungsschirm:Kritische Mehrheit

Mit einer eigenen Mehrheit will die Koalition den Euro-Rettungsschirm auf den Weg bringen. Bislang präsentieren sich die Regierungsparteien aber alles andere als harmonisch. Nun schert auch noch Ursula von der Leyen aus und sorgt für Unruhe. Kanzlerin Merkel versuchte auf einer Sondersitzung vehement, ihre Partei auf Linie zu bringen.

Susanne Höll, Stefan Braun und Claus Hulverscheidt

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor der Unions-Fraktion vehement für die in der Europäischen Union verabredeten Rettungsmaßnahmen für den Euro geworben. In einer Sondersitzung der Abgeordneten von CDU und CSU, die wegen der wachsenden Unruhe in der Union notwendig geworden war, hielt Merkel am Dienstag nach Teilnehmerangaben ein engagiertes Plädoyer für ein starkes Europa und den Euro. Fehler der Vergangenheit müssten korrigiert werden, sagte die Kanzlerin. In den Regierungsfraktionen gibt es erhebliche Bedenken gegen die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF, aus dem in Not geratene EU-Staaten Kredite erhalten.

Unions-Fraktion diskutiert auf Sondersitzung ueber Euro-Kurs

Bundeskanzlerin Merkel und Fraktionschef Kauder vor einer Sondersitzung der Unionsfraktion zur Finanzkrise.

(Foto: dapd)

Merkel wurde unter anderem vom Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, unterstützt. In der sachlich aber intensiv geführten Debatte meldeten sich aber auch mehrere Kritiker der EU-Beschlüsse zu Wort. Der Abgeordnete Manfred Kolbe kritisierte, schon die bisherigen Rettungsschirme seien gescheitert. Auch der finanzpolitische Sprecher der Unions-Fraktion Klaus-Peter Floßbach zeigte sich skeptisch. An der Sitzung nahmen etwa zwei Drittel der Unions-Abgeordneten teil.

Die Fraktionsspitze erwartet trotz der Kritik, dass die Koalition bei der Abstimmung über das neue Euro-Rettungspaket im September eine eigene Mehrheit im Bundestag zustande bringt. Der Parlamentarische Geschäftsführern, Peter Altmaier (CDU), sagte der Süddeutschen Zeitung: "Wir haben bis zur Schlussabstimmung noch rund vier Wochen Zeit. Ich gehe davon aus, dass sich die Lage bis dahin klärt und beruhigt. Zwar muss Merkel im Bundestag keine Abstimmungsniederlage befürchten, da außer vielen Koalitionspolitikern auch die SPD grundsätzlich bereit ist, die EFSF-Reform mitzutragen. Die Sozialdemokraten fordern aber, dass Union und FDP eine eigene Mehrheit zustande bringen. Ansonsten sei die schwarz-gelbe Koalition gescheitert, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Zusätzliche Unruhe verursachte am Dienstag Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die dafür plädierte, EFSF-Mittel in Zukunft nur noch gegen Sicherheiten zu vergeben. Viele Länder verfügten über Goldreserven und Industriebeteiligungen, die zur Absicherung der Kredite verwendet werden könnten, sagte sie in der ARD. Das sei ein übliches Verfahren für jeden normalen Gläubiger, der Geld von einer Bank wolle. Merkel lehnte den Vorschlag von der Leyens nach Angaben von Teilnehmern in der Fraktionssitzung ab.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) verständigte sich derweil mit den fünf Bundestagsfraktionen auf einen Zeitplan für die Beratung der EFSF-Reform im Parlament. Demnach soll das Bundeskabinett am Mittwoch kommender Woche einen Gesetzentwurf verabschieden. Anfang September, in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause, soll der Bundestag erstmals darüber beraten. Die zweite Lesung und die Schlussabstimmung werden zwischen dem 19. und dem 22. September stattfinden, am Freitag, den 23. September, könnte dann der Bundesrat entscheiden. Zuvor, nämlich am 7. September, wird das Bundesverfassungsgericht sein lang erwartetes Urteil zu den Milliardenhilfen für hochverschuldete Euro-Staaten verkünden.

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