Euro-Finanzminister:Unter Druck

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Meldet Ansprüche an: Minister Olaf Scholz. (Foto: Felix Zahn/imago)

Bundesfinanzminister Olaf Scholz muss in der Eurogruppe gewichtige Anliegen durchsetzen. Unter anderem fordert er nach dem Rückzug von Sabine Lautenschläger, dass Deutschland weiter im EZB-Direktorium vertreten ist.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Bundesregierung pocht darauf, dass Deutschland auch nach dem vorzeitigen Rückzug von Sabine Lautenschläger aus dem Direktorium der Europäischen Zentralbank in dem wichtigen Gremium vertreten sein wird. "Deutschland erhebt als größte Volkswirtschaft der Euro-Zone den Anspruch, im Direktorium vertreten zu sein", verlautet am Dienstag aus dem Bundesfinanzministerium. Man werde "in Kürze eine geeignete Kandidatin oder einen geeigneten Kandidaten vorschlagen". An diesem Mittwoch soll das offizielle Bewerberverfahren auf einem Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg eröffnet werden. Experten rechnen damit, dass die Entscheidung über die Nachfolge von Lautenschläger bis Mitte November fallen wird. Dann soll auch die designierte neue Präsidentin der EZB, die Französin Christine Lagarde, ihr Amt übernommen haben.

Als Nachfolgerinnen sind zwei renommierte Ökonominnen im Gespräch. Die Wirtschafts- und Finanzprofessorin Isabel Schnabel, eine der Wirtschaftsweisen der Bundesregierung. Und Claudia Buch, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank. Chancen werden auch Jörg Kukies eingeräumt. Der frühere Goldman-Sachs-Banker ist unter Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) als Europa- und Finanzstaatssekretär in das Ministerium geholt worden. Lautenschläger war kürzlich völlig überraschend zwei Jahre vor Ablauf ihrer achtjährigen Amtszeit zurückgetreten. Sie machte persönliche Gründe geltend. Es ist bereits der dritte vorzeitige Rückzug eines deutschen Notenbankers aus dem Direktorium der EZB.

Das Bundesfinanzministerium wies am Dienstag erneut Forderungen internationaler Gremien und der Europäischen Union zurück, mit weiteren Milliardenpaketen die schwächelnde Konjunktur anzukurbeln. Nach sechs Jahren ununterbrochenen Wachstums in Deutschland sei man zwar jetzt in einer Wachstumsdelle, "die deutlicher und länger anhaltend als ursprünglich gehofft" sei, hieß es. Allerdings sei immer noch Wachstum zu verzeichnen, keine Rezession.

Seit Scholz in das Ministerium eingezogen ist, sind die Investitionen tatsächlich auf ein Rekordniveau gestiegen. Jedenfalls auf dem Papier. Praktisch ist es noch immer so, dass ein großer Teil der Milliarden nicht abfließt. "Wir haben keinen Mangel an Geld. Sondern wir schaffen es nicht, es auszugeben". Die Mitarbeiter von Scholz verweisen darauf, dass die große Koalition bereits einige Pakete geschnürt hat, mit denen Konjunktur und Investitionen gefördert werden, etwa zum Klimaschutz und zum Kohleausstieg sowie zum Ausbau der Bahn. Die Kapazitäten seien ausgelastet. "Wenn wir noch mehr Geld gäben, würde kein Kilometer Straße zusätzlich gebaut und auch nicht Tausend weitere Sozialwohnungen."

Umstritten ist weiter das geplante Budget für die Euro-Zone. Ursprünglich wollten die Finanzminister im Oktober das "Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit", das als abgespeckte Version eines vor allem von Frankreich geforderten milliardenschweren Budgets gilt, endgültig festzurren. Einen Tag vor dem Treffen waren aber noch wichtige Details offen.

© SZ vom 09.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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