Folgen des Ukraine-Kriegs:Wie sehr Öl- und Gaskonzerne vom Krieg profitieren

Folgen des Ukraine-Kriegs: Öl-Plattform von BP vor Schottland: Sollten Staaten die Profiteure des Ukraine-Krieges stärker besteuern?

Öl-Plattform von BP vor Schottland: Sollten Staaten die Profiteure des Ukraine-Krieges stärker besteuern?

(Foto: Andy Buchanan/AFP)

Die Unternehmen verdienen prächtig dank der hohen Preise. Das heizt die Debatte über Sondersteuern an. Doch da gibt es ein kleines Problem.

Von Björn Finke, Brüssel

Wer den Krieg in der Ukraine gewinnt, ist offen. Klar ist aber schon, dass die größten wirtschaftlichen Gewinner die Öl- und Gaskonzerne weltweit sein werden. Die Notierungen für die Rohstoffe sind kräftig gestiegen, und das schlägt sich in höheren Gewinnen nieder. Eine neue Studie von Wissenschaftlern des Netzwerks Steuergerechtigkeit, einer Organisation, die für faire Besteuerung kämpft, beziffert die zusätzlichen Profite der Branche in diesem Jahr auf global bis zu 1600 Milliarden Euro. Diese enorme Summe entspricht ungefähr der Wirtschaftsleistung Russlands im vorigen Jahr. Die Untersuchung gab die Fraktion der europäischen Linken im EU-Parlament in Auftrag; sie wird an diesem Mittwoch präsentiert und liegt der Süddeutschen Zeitung vorab vor.

Diese Riesenprofite heizen die Debatte über Übergewinnsteuern an, also Sonderabgaben für Konzerne, die dank des Krieges außergewöhnlich gut verdienen. Vergangene Woche sprach sich das Europaparlament für solche Steuern aus. Italien hat eine derartige Steuer für Strom-, Öl- und Gasanbieter bereits eingeführt. Ist deren Umsatz zuletzt um mehr als zehn Prozent gestiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, schöpft die Regierung zehn Prozent dieser Extra-Einnahmen ab - das soll vier Milliarden Euro einbringen. Der Geldsegen soll Hilfen für Verbraucher finanzieren.

Rumänien erhebt eine ähnliche Steuer, auch Griechenland plant so etwas, mit einem drakonischen Steuersatz von 90 Prozent. Spanien hat seine Pläne für diese Steuer vorerst auf Eis gelegt; in Deutschland streiten darüber die Grünen mit ihrem Koalitionspartner FDP. Grünen-Wirtschaftsminister Robert Habeck unterstützt die Idee, warnt allerdings vor Schwierigkeiten bei der Umsetzung. FDP-Finanzminister Christian Lindner lehnt das Konzept hingegen ab, da er Probleme bei der Abgrenzung und weniger Investitionsanreize befürchtet.

Der Auftraggeber der Studie zu Übergewinnen, der Linken-Fraktionschef Martin Schirdewan, fordert solche Steuern und nennt es "nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern ebenso des Anstandes und des gesellschaftlichen Zusammenhalts, dass Krisenprofiteure mit ihren Gewinnen angemessen an der Bewältigung der Krisen beteiligt werden". Der Europaabgeordnete könnte demnächst auch in Deutschland eine größere Rolle spielen: Am Dienstag verkündete der Thüringer seine Kandidatur für den Parteivorsitz der kriselnden Linken.

Das Besteuern ist schwierig

Die Studienautoren kommen auf die gigantische Summe, indem sie den weltweiten Öl- und Gasverbrauch 2021 als Basis nehmen und dann berechnen, wie viel Mehr-Einnahmen die Preissteigerungen seit Kriegsbeginn bedeuten. Beim Öl ergeben sich auf diese Weise 590 Milliarden Euro, beim Gas sind es 1000 Milliarden Euro. Die Fachleute weisen jedoch darauf hin, dass dies Höchstbeträge sind und die echten Extra-Gewinne kleiner sein werden. Schließlich gibt es für Gas auch langfristige Lieferverträge mit fixen Preisen, und in ihren Heimatländern, etwa Russland, verkaufen die Förderkonzerne Öl und Gas nicht zum hohen Weltmarktpreis, sondern billiger.

Die 24-seitige Untersuchung warnt zudem vor Schwierigkeiten beim Abschöpfen der Profite: Die Öl- und Gaskonzerne versteuerten den Großteil ihrer Gewinne in den Förderländern, auf die Europäische Union und Deutschland entfielen nur wenig zu versteuernde Gewinne. Auf den ersten Blick könnte die Jahrhundertreform der Unternehmensbesteuerung Abhilfe schaffen, auf die sich 137 Länder im Herbst geeinigt haben. Die Vereinbarung gewährt Ländern, wo nur Kunden, aber keine großen Standorte sitzen, mehr Besteuerungsrechte. Doch dummerweise sind Rohstoffkonzerne von dieser Reform ausgenommen.

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