Energieversorgung:Wieso ein Preisdeckel für Gas so schwierig ist

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Erdgaszuleitungen vor dem Heizkraftwerk Stuttgart-Gaisburg. (Foto: Marijan Murat/picture alliance/dpa)

Sollte Russland die Versorgung kappen, könnten staatliche Preislimits nötig sein, schätzt die EU-Kommission. Doch diese Politik hätte gravierende Nachteile.

Von Björn Finke, Brüssel

Die EU-Kommission hält es unter Umständen für nötig, eine staatliche Obergrenze bei Gaspreisen einzuführen - und zwar dann, wenn Russland die Versorgung kappt. An diesem Mittwoch will die Brüsseler Behörde Überlegungen vorstellen, ob und wie die Regeln für die Strom- und Gasmärkte wegen der hohen Preise geändert werden müssen. Ein Entwurf des Konzepts liegt der Süddeutschen Zeitung vor. In dem Dokument warnt die Behörde generell vor harten Markteingriffen, räumt aber ein, dass ein Versiegen der Gasströme aus Russland einen Preisdeckel erzwingen könnte, zum Schutz von Verbrauchern und Industrie.

Die Kommission weist zugleich darauf hin, dass dies zu "bedeutenden" Kosten für die Regierungen führen würde, wenn diese die vom Preisdiktat getroffenen Unternehmen entschädigen würden. Ein Beispiel: Importeure müssen den Weltmarktpreis für Gas zahlen. Ist der höher als die in der EU erlaubte Notierung, machen diese Einkäufer Verlust - und würden diese Geschäfte beenden, wenn sie keine Subventionen erhielten. Die Kommissionsfachleute betonen, es müsse sichergestellt sein, dass eine Obergrenze "nicht den Zugang der EU zu Gas- und Flüssigerdgaslieferungen verschlechtert", denn in dem Fall würde der Markteingriff die Krise verschärfen.

Als weiteren Nachteil eines staatlichen Preisdeckels führt die Kommission an, dass er die Nachfragereaktion schwäche: Hohe Kosten führen dazu, dass Betriebe und Haushalte Gas sparen. Das macht es ein wenig einfacher, mit einem russischen Gasstopp umzugehen. Die Obergrenze mindert den Druck zu sparen.

Das Konzeptpapier widmet sich auch den hohen Strompreisen. In der EU wird der Preis auf den Stromgroßmärkten bestimmt vom teuersten Kraftwerk, das so gerade noch benötigt wird für die Deckung der Nachfrage. Das sind im Moment die Gaskraftwerke, und damit folgt der Strom- dem Gaspreis. Regierungen wie die französische und die spanische fordern, die Märkte zu entkoppeln. Portugal und Spanien konnten beim letzten EU-Gipfel Ende März durchsetzen, den für Gaskraftwerke gültigen Gaspreis deckeln zu dürfen. Beide Länder sind kaum mit dem Stromnetz der anderen EU-Staaten verbunden, weswegen die Gefahr gering ist, damit den Binnenmarkt zu verzerren.

Die EU regt ein Grundrecht auf Strom an

In dem Dokument bestätigt die Kommission, dass es unter gewissen Umständen möglich sei, solche Obergrenzen für Gaskraftwerke festzulegen, ohne EU-Vorgaben zu brechen. Daneben regt die Behörde an, in den Strommarktregeln den Schutz armer Haushalte festzuschreiben. Diese Bürger sollten Zugang zu einer Mindestmenge an Elektrizität zu vertretbaren Preisen haben, "unabhängig von der Situation auf den Strommärkten oder den Kosten fossiler Brennstoffe".

Die Kommission rät zudem, bei Anbietern geförderten Ökostroms Gewinne abzuschöpfen: Wenn der Staat diesen grünen Kraftwerken in Zeiten niedriger Preise einen Aufschlag zahlt, damit sie kostendeckend arbeiten, sollten diese Subventionen in Zeiten sehr hoher Preise - wie jetzt - wieder an den Staat zurückfließen, um "exzessive Renditen" zu vermeiden, heißt es in dem Papier.

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