Geldpolitik:Streit über Zinserhöhungen

Geldpolitik: Notenbankchefin Christine Lagarde muss ihre Politik verteidigen.

Notenbankchefin Christine Lagarde muss ihre Politik verteidigen.

(Foto: Peter Dejong/AP)

Notenbankchefin Lagarde verteidigt ihre Politik im EU-Parlament. Die Inflation ist hoch, die Risikoaufschläge von Anleihen steigen. Doch trotz der ernsten Lage bleibt Zeit für einen Scherz.

Von Björn Finke, Brüssel

Christine Lagarde beginnt ihre Ausführungen mit einem Scherz. "Keiner von ihnen ist zu schlecht gealtert", sagt die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) am Montag im Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel. Die Französin ist zu ihrer üblichen Anhörung in dem Gremium geladen, aber die vergangenen Termine fanden wegen der Pandemie virtuell statt. Nun ist Lagarde wieder persönlich vor Ort. Ansonsten sind ihr Vortrag und der Austausch mit den Abgeordneten eher ernst. Schließlich geht es um heikle Themen wie die hohe Inflation und die gestiegenen Risikoaufschläge für Staatsanleihen südeuropäischer Länder.

Lagarde dröselt zunächst die jüngsten Daten zur Preissteigerung auf. Hinter der Inflationsrate in den Euro-Staaten für Mai von 8,1 Prozent stehe eine Teuerungsrate für Energie von atemberaubenden 39,2 Prozent. Doch auch Lebensmittel seien 7,5 Prozent teurer gewesen als im Vorjahresmonat, was unter anderem mit dem Rückgang der Getreideexporte aus der Ukraine zusammenhänge, sagt die 66-Jährige. Die Inflation werde noch länger "unerwünscht hoch bleiben", räumt sie ein und wiederholt ihre Ankündigung, daher im Juli die Zinsen um 0,25 Prozentpunkte anzuheben und dann erneut im September.

Manchen Parlamentariern reicht das nicht: "Was die EZB bisher diskutiert, ist viel zu zögerlich", klagt der CSU-Abgeordnete Markus Ferber, der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion. Rasmus Andresen, der Chef der deutschen Grünen im Europaparlament, warnt hingegen, "dass die Zinserhöhung nicht die Inflation eindämmen wird, sondern eine Rezession auslösen könnte".

Ein anderes brisantes Thema ist das neue Instrument gegen zu hohe Risikoaufschläge für Anleihen hoch verschuldeter Staaten. Diese Initiative hat Lagarde vorige Woche vorgestellt. Ferber sieht das kritisch: "Wenn nun vor allem über neue Aufkaufprogramme geredet wird, um die Zinslast der Südstaaten zu senken, sendet das die vollkommen falsche Botschaft an den Markt." Joachim Schuster, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD im Europaparlament, fordert dagegen eine gemeinsame EU-Finanzpolitik, um eine Wiederholung der Euro-Krise zu verhindern: "Wir brauchen eine gemeinsame europäische Steuer- und Finanzpolitik in Europa, damit die jetzige Krise nicht für einige EU-Mitgliedstaaten zur Staatsschuldenkrise wird."

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