Lieferketten:EU-Parlament stimmt für strengere Kontrollen bei Arbeitsbedingungen

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Auch Kinderarbeit in kleinen und mittelständischen Unternehmen soll durch die Richtlinie verhindert werden. (Foto: Zakir Hossain Cho/imago images)

Die Abgeordneten wollen Unternehmen für Kinderarbeit und andere Rechtsverstöße in ihrer Produktion verantwortlich machen. Die Ziele sind ambitioniert - und könnten für einige Firmen zur Herausforderung werden.

Von Jan Diesteldorf, Brüssel

Hinter den Verbrennungsmotoren, den Mobiltelefonen und Gitarrensaiten bleibt das Leid der Kinder unsichtbar. Kaum ein Alltagsprodukt kommt ohne Kobalt aus, schon gar nicht dann, wenn eine Lithium-Ionen-Batterie verbaut ist. Und dort, wo das meiste Kobalt herkommt, aus den Minen in der Demokratischen Republik Kongo, schuften oft Kinder, um den Rohstoff abzubauen, vergiften sich und haben keine andere Perspektive. Im Bergbausektor und insbesondere beim Kobalt-Abbau im Kongo bestünden "die größten Kinderrechtsrisiken, einschließlich der schlimmsten Formen von Kinderarbeit", stellte erst kürzlich wieder eine Studie der Organisation Save the Children fest.

Auf diese und viele weitere Risiken zielt das EU-Lieferkettengesetz ab, um das es zuletzt mehr Streit gab als noch vor Wochen zu erwarten war. Dem Richtlinienentwurf zufolge sollen Firmen in der EU für Kinder- oder Zwangsarbeit sowie für Umweltverschmutzung ihrer internationalen Lieferanten verantwortlich gemacht werden. Am Donnerstag votierten die Abgeordneten im EU-Parlament mit Mehrheit für eine Verschärfung des ursprünglichen Gesetzesvorschlags der EU-Kommission.

So sollen die Vorgaben schon für EU-Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem weltweiten Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro gelten, mit nach Unternehmensgröße gestaffelten Übergangsfristen von bis zu fünf Jahren. Im ursprünglichen Entwurf liegen diese Grenzen bei 500 Mitarbeitern und 150 Millionen Euro. Nach Parlamentswunsch würde die Richtlinie die gesamte Wertschöpfungskette, inklusive aller vor- und nachgelagerten Aktivitäten der Produktion, beinhalten.

Das Abstimmungsergebnis war eindeutig

Die EU-Staaten hatten sich bereits Ende des vergangenen Jahres auf ihren Standpunkt festgelegt, der weit weniger ambitioniert ist. In Kürze sollen die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Mitgliedstaaten und Kommission beginnen. Wie ambitioniert das Gesetz wird, und inwieweit es über das bereits geltende deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen wird, hängt dann vor allem von den Mehrheitsverhältnissen im Ministerrat ab.

Im Parlament war das Abstimmungsergebnis mit 366 Ja- und 225 Nein-Stimmen recht klar. Zuletzt hatte eine Gruppe konservativer Abgeordneter, angeführt von der CSU-Parlamentarierin Angelika Niebler, eine Reihe von Änderungsanträgen eingereicht, um die Parlamentsposition noch abzuschwächen. Das war ein später Schwenk, nachdem die EVP-Fraktion, zu der die deutschen Konservativen gehören, den Kompromiss noch Ende April geschlossen mitgetragen hatte. Am Ende votierten die Abgeordneten von CDU und CSU geschlossen gegen das Gesetz.

Das steht im Kontext einer neuerdings insgesamt ablehnenden Haltung der EVP. Erst am Mittwoch hatte die Fraktion geschlossen die Ausschuss-Verhandlungen zu einem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur aufgekündigt.

"Den Betrieben droht ein riesiger bürokratischer Aufwand"

Bis auf ein Detail, bei dem es um die Pflichten für Geschäftsführer geht, blieben die Anträge aber erfolglos. Grundsätzlich unterstütze man das Ziel der Richtlinie, Menschenrechte und Umwelt besser zu schützen, sagte Niebler nach der Abstimmung. Aber: "Den Betrieben droht ein riesiger bürokratischer Aufwand, der vor allem unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen zu überfordern droht", so die Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament.

Als Berichterstatterin im Rechtsausschuss hatte die niederländische Sozialdemokratin Lara Wolters den Kompromiss zum Lieferkettengesetz ausgehandelt. Sie zeigte sich empört über die Versuche seitens der EVP, das Gesetz auf den letzten Metern noch abzuschwächen. Die EVP habe "eine unverantwortliche Politik" betrieben, "um den hart erkämpften Konsens, den wir bei der Abstimmung im Ausschuss erreicht hatten, zunichtezumachen", sagt Wolters. Statt für den Schutz der Menschen und des Planeten zu stimmen, schütze die EVP "die Profite ihrer Gönner in den Vorstandsetagen".

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