EU:Länder fordern Flugsteuer und Regeln für Libra

Finanzminister sprechen auch über schwächelndes Wachstum.

Von Björn Finke, Brüssel

Europas Wirtschaft stehen schwierige Zeiten bevor: Die EU-Kommission senkte am Donnerstag ihre Prognose für den Kontinent und warnte, dass "eine längere Phase mit gedämpfterem Wachstum" drohe. Die Brüsseler Behörde räumte außerdem ein, dass selbst die gesenkte Vorhersage zu optimistisch sein könnte. Ein ungeregelter Brexit, eine Verschärfung des Handelsstreits oder ein Konjunktureinbruch in China könnten die Wirtschaft noch stärker bremsen als befürchtet, hieß es. Die Volkswirte der Kommission prophezeien der EU jetzt ein Wachstum von jeweils 1,4 Prozent in den Jahren 2019 bis 2021, nach zwei Prozent 2018. Im Sommer hatte die Behörde noch ein Plus von 1,6 Prozent vorhergesagt.

Deutschlands Wirtschaft wird nach Einschätzung Brüssels 2020 und 2021 um jeweils ein Prozent wachsen. Immerhin sollen die Staatsschulden der EU-Länder - gemessen als Anteil an der Wirtschaftsleistung - im Durchschnitt sinken. Für das kriselnde Italien sagt die Kommission allerdings ein weiteres Plus voraus: In zwei Jahren soll der Schuldenberg gut 137 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen.

Die Kommission stellte die Daten den EU-Finanzministern vor, die sich am Donnerstag und Freitag in Brüssel treffen. Daneben beschäftigten sich die Politiker mit dem Dauerthema einer europäischen Einlagensicherung. Die Bundesregierung lehnt es bisher ab, ein EU-System zu schaffen, das bei Bankpleiten für Sparguthaben garantiert. Doch Finanzminister Olaf Scholz (SPD) legte am Mittwoch ein Diskussionspapier vor, in dem er unter gewissen Umständen Unterstützung verspricht.

Beim Ministertreffen präsentierten Scholz sowie Amtskollegen aus acht Staaten - darunter Italien, Frankreich und die Niederlande - außerdem einen gemeinsamen Aufruf an die Kommission, eine EU-Flugsteuer zu entwerfen. Wie hoch Luftverkehr besteuert wird, unterscheidet sich bislang deutlich zwischen den Mitgliedstaaten. Eine Studie im Auftrag der Brüsseler Behörde kommt zum Ergebnis, dass die Steuerbelastung pro Fluggast in Italien, Deutschland und Frankreich am höchsten ist; in manch anderen Ländern hingegen sind fast gar keine Abgaben fällig. In dem Appell klagen die Minister, verglichen mit Zug- und Busfahrten sei die Steuerlast beim Fliegen zu niedrig und berücksichtige nicht ausreichend die schädlichen Folgen für Klima und Umwelt.

Am Freitag werden die Finanzminister unter anderem über virtuelle Währungen wie Libra diskutieren, die Kryptowährung, die Facebook etablieren will. Im Beschlussentwurf heißt es, Stablecoins - das ist der Fachbegriff - brächten Vorteile, aber zugleich Gefahren, etwa für die Geldpolitik der Notenbanken oder den Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Die EU sei willens, schnell zu handeln, und werde für Kryptowährungen neue Regeln beschließen, wenn nötig: "Alle Optionen sollten auf dem Tisch liegen", wird gefordert - damit wäre auch ein Verbot nicht ausgeschlossen. Allerdings sollen die Minister die Stellungnahme erst im Dezember verabschieden; die Regierungen sind sich noch nicht einig. Deutschland und Frankreich gehören zu den Ländern, die Libra besonders kritisch sehen. Andere Regierungen sind entspannter. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber würde eine harte Linie begrüßen: "Wenn so viel auf dem Spiel steht, ist es richtig, keine Option vom Tisch zu nehmen", sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der europäischen Christdemokraten.

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