EU-Kommission:Spanien bekommt mehr Zeit zum Sparen

Dem krisengeschüttelten Land wird von der europäischen Kommission ein Jahr länger Zeit gegeben, um seinen Haushalt in Ordnung zu bringen. Brüssel setzt Spanien aber im Gegenzug unter Druck, mehr Reformen durchzusetzen und Steuern zu erhöhen. Lob gibt es hingegen für Deutschland.

Kathrin Haimerl, Brüssel

Spanien ist auf Sparkurs: Das Land hat der EU versprochen, sein Defizit Jahr für Jahr abzubauen. Doch schon dieses Jahr wird es nicht klappen. Das Ziel, ein Defizit von 5,3 Prozent zu erreichen, wird die Regierung wohl um gut einen Prozentpunkt verfehlen.

Die EU-Kommission will Spanien nun länger Zeit geben, um sein Defizit unter die Marke von drei Prozent zu drücken - bis 2014. Bedingung dafür ist: Spanien soll einen überzeugenden Haushaltsplan für 2013 und 2014 vorlegen und die Ausgaben der Regionen stark eingrenzen, erklärte EU-Währungskommissar Olli Rehn. Den Plan werde die Kommission in den nächsten Wochen gründlich prüfen. Spanien müsse jährlich Konsolidierungsbemühungen in Höhe von 1,5 Prozent des BIP durchführen.

Er würdigte die Maßnahmen, die das Land bislang zur Haushaltskonsolidierung ergriffen hätte. Auch sei Spanien dabei, den Bankensektor zu rekapitalisieren und umzustrukturieren. "Das sind sehr wichtige Schritte, um Spaniens makroökonomisches Ungleichgewichte ausgleichen zu können", erklärte Rehn, als er die Haushaltsempfehlungen der Kommission für alle 27 EU-Staaten vorstellte.

In einigen Gebieten fehle Spanien "der Ehrgeiz", die Probleme anzugehen, stellt die Kommission darin fest. Teilweise sei das nationale Reformprogramm zu unspezifisch, so die Kritik. Dabei stehe das Land weiterhin vor "bedeutenden politischen Herausforderungen infolge des Platzens der Immobilien- und Kreditblase", warnt die Kommission in ihrem Bericht. Das Land war in die Krise geraten, nachdem ein Bauboom mit billigen Krediten sein Ende gefunden hatte.

Der schwächelnde Bankensektor macht Spanien zu schaffen. Zwar habe die Regierung im Februar vergangenen Jahres sehr viel striktere Eigenkapitalanforderungen für alle Institute eingeführt. Doch "der Bankensektor bleibt fragil aufgrund zu hoher Schulden von Privaten und Unternehmen", heißt es in dem Bericht. Die Bankenkrise könnte die Geldversorgung für die Unternehmen erschweren, warnt die Kommission.

Rehn forderte Spanien auf, die Mehrwertsteuer zu erhöhen. Das spanische System stütze sich zu sehr auf direkte Steuern wie Lohnsteuern, während die Abgaben auf den Konsum im Vergleich zum EU-Durchschnitt sehr niedrig seien. Auch die Renten- und die Arbeitsmarktreformen gingen nicht weit genug. So müsse die automatische Lohnsteigerungen in Höhe der Inflationsrate abgeschafft werden.

Spanien wird laut der Prognose der Kommission seine Haushaltsdefizite verfehlen. Für 2012 erwartet die Kommission ein Defizit von 6,4 Prozent anstatt der angestrebten 5,3 Prozent. Im kommenden Jahr macht Spanien demnach ein Defizit von 6,3 Prozent.

Die Bankenkrise in Spanien lässt die Kommission darüber nachdenken, den Rettungsschirm auszuweiten. Bisher können nur Staaten mit den Geldern unterstützt werden. Die Kommission regt nun an, auch Banken direkt mit dem neuen Rettungsfonds ESM zu helfen. "Um die Verbindung zwischen den Banken und den Regierungen zu verstärken, könnte man eine direkte Rekapitalisierung über den ESM ins Auge fassen", schrieb die Kommission. Deutschland lehnt eine direkte Kreditvergabe der staatlichen Rettungsschirme an Geldhäuser strikt ab. Die bisherigen Regeln sehen vor, dass ausschließlich Regierungen Hilfen beantragen können. Zudem müssen die betroffenen Regierungen im Gegenzug ein Spar- und Reformprogramm vorlegen.

EU-Kommission schlägt bei Griechenland Alarm

Neben Spanien stehen weitere Länder im Fokus der Kommission. Das hochverschuldete Griechenland ist nach ihrer Einschätzung weiter von der Staatspleite bedroht. Fest vereinbarte Milliardenzahlungen internationaler Geldgeber könnten nur weiter fließen, wenn Reformen besser in die Tat umgesetzt würden, so die Meinung aus Brüssel.

Außerdem seien zusätzliche Sparschritte für das nächste und übernächste Jahr nötig. "Die Risiken bei der Umsetzung werden sehr hoch bleiben", heißt es in dem Kommissionsreport. Die politische Unsicherheit in Griechenland - für den 17. Juni sind Neuwahlen geplant - laste zusätzlich auf dem Programm. So sei bisher nicht klar, ob die Experten der Trioka aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wie geplant Ende Juni die Bücher in Athen überprüfen könnten.

"Die Umsetzung der Strukturmaßnahmen muss bürokratische Hürden ebenso überwinden wie Gewohnheitsrechte und den Widerstand von Interessengruppen", schrieb die Kommission. Die politische Instabilität, soziale Unruhen, die schwache Verwaltung und die schwerer als erwartet ausgefallene Rezession hätten dazu geführt, dass Griechenland nicht alle Ziele erreicht habe.

Dennoch sei es dem Land gelungen, die Neuverschuldung zwischen 2009 und 2011 deutlich zu drücken. "Die Anpassung ist viel größer als bei den meisten anderen Haushaltssanierungen in EU-Staaten in der Vergangenheit", so die Kommission. Allerdings bleibe das Land in den kommenden drei Jahren auf internationale Geldgeber angewiesen.

Altes Verfahren gegen Deutschland wird eingestellt

Auch Deutschland bekommt wirtschaftspolitische Empfehlungen von der EU-Kommission, verpackt in Lob: "Deutschland ist vom Wachstumsnachzügler zu einem Wachstumsführer in der Euro-Zone geworden", erklärte ein Kommissionsvertreter bei der Präsentation des Papiers. Daher könne die Kommmission dem Land nur empfehlen, "diesen Konsolidierungskurs fortzusetzen und seine budgetpolitischen Pläne wie geplant umzusetzen".

Risiken gebe es im Bankensektor, weil die Sanierung der Landesbanken die öffentlichen Haushalte belasten könnte. Allerdings habe die größte Volkswirtschaft der Gemeinschaft dank einer günstigen Konjunktur schon 2011 und damit zwei Jahre früher als gefordert die EU-Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung unterschritten.

Außerdem soll ein altes Verfahren wegen zu hoher Haushaltsdefizite eingestellt werden. Das Ende des im Jahr 2009 eröffneten Verfahrens muss von den EU-Ländern allerdings noch offiziell beschlossen werden.

Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters, dapd

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