EU-Kommission:Sigmar Gabriel lehnt EU-Hilfe für Atomenergie ab

Kernkraftwerk Doel in Belgien

Dampfende Kühltürme des AKW im belgischen Doel.

(Foto: dpa)
  • Der Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat am Dienstag "jede Form der europäischen Förderung von Atomenergie" abgelehnt.
  • Laut der EU-Kommission handelt es sich bei den Atomhilfe-Überlegungen lediglich um ein Papier für Experten und nicht um eine endgültige Fassung.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Sigmar Gabriel steht im Lichthof der deutschen Botschaft in Brüssel, vor ihm der übliche Strauß Mikrofone. Der Bundeswirtschaftsminister wollte sich an diesem Dienstag eigentlich gar nicht öffentlich äußern, doch er sieht sich offenbar gezwungen, etwas klarzustellen. Gabriel, der Sozialdemokrat, sagt also: "Wir lehnen jede Form der europäischen Förderung von Atomenergie ab." Es sei absurd, allein darüber nachzudenken.

In der EU-Kommission sehen das die Beamten anders. Sie haben darüber nachgedacht. In einem Papier der Generaldirektion Forschung listen sie Wege auf, wie "Europa seine technologische Führungsrolle im Nuklearbereich bewahren kann". Zum Beispiel mit Förderprogrammen wie dem Juncker-Fonds EFSI oder Forschungsprogrammen der EU. Ziel sei es, unter anderem die Entwicklung kleiner und flexibler Mini-Atomkraftwerke voranzutreiben. Diese könnten dezentral zur Wärmeproduktion eingesetzt werden. Spätestens 2030 soll ein entsprechender Mini-Reaktor im Einsatz sein.

Diese Gedankenspiele sind für Sigmar Gabriel ein rotes Tuch. Es sei abwegig, über die Neuproduktion von Atommüll zu diskutieren, so der Bundeswirtschaftsminister. Die Europäische Kommission versucht derweil zu beschwichtigen. Das Papier stelle eine Diskussionsgrundlage für Experten da und spiegele nicht die Position der EU-Kommission wider, betont eine Sprecherin. Es handele sich nicht um eine endgültige Fassung. Ob ein EU-Mitgliedstaat Atomkraft nutzen wolle oder nicht, bleibe seine Entscheidung. In diese Frage wolle er sich auch nicht einmisch, sagt Gabriel, aber sobald es um EU-weite Förderungen gehe, müsse die Bundesregierung den Plänen Einhalt gebieten.

Auch Umweltministerin Hendricks kritisiert die Brüsseler Überlegungen

An diesem Mittwoch treffen sich die für Energie und Innovation zuständigen Kommissare und beraten über die Technologie-Export-Strategie, die im November beim Klimatreffen COP22 in Marrakesch vorgestellt werden soll. Die Frage ist, welche Rolle die Atompolitik dann spielen wird. Aus der Kommission heißt es lediglich, man werde am 24. Mai über das Thema beraten und eine Absichtserklärung zu strategischen Forschungsprioritäten im Energiesektor verabschieden, die für die Mitgliedstaaten aber nicht bindend seien.

Neben Gabriel kritisiert auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) die Überlegungen der Brüsseler Behörde scharf: "Das ist eine verrückte und unverantwortliche Idee. Zu glauben, man könne mit noch mehr Atomkraft das Klima retten, ist ein Irrtum." Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, spricht von einer "Rolle rückwärts". Er fordert die Bundesregierung auf, ihren Einfluss in Brüssel geltend zu machen und "eine unverantwortliche Energiepolitik" zu stoppen.

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