CO₂-VorgabenEU-Kommission will Klimaregeln für Autobauer entschärfen

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Die ersten Klimaregeln der EU werden jetzt wohl gekippt. Auch über das für 2035 geplante Verbrenner-Aus wird bald noch einmal diskutiert werden.
Die ersten Klimaregeln der EU werden jetzt wohl gekippt. Auch über das für 2035 geplante Verbrenner-Aus wird bald noch einmal diskutiert werden. (Foto: Marijan Murat)

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hatte das Vorhaben bereits angekündigt, nun liegt ein schriftlicher Vorschlag vor. Autohersteller sollen mehr Zeit bekommen, ihre CO₂-Ziele zu erreichen. Das hilft insbesondere VW.

Christina Kunkel

Die Bitten der Autohersteller wurden in Brüssel offenbar erhört. Die EU-Kommission will den Unternehmen nun doch mehr Zeit einräumen, ihre Klimaziele zu erreichen. Eigentlich hätten schon in diesem Jahr schärfere Grenzwerte gelten sollen. Jeder einzelne Hersteller hätte über seine gesamte verkaufte Autoflotte hinweg weniger CO₂-Emissionen verursachen dürfen als noch im vergangenen Jahr. Um diese Vorgaben zu erreichen, müssten die Hersteller teils deutlich mehr Elektroautos verkaufen als noch 2024. Sollten sie das nicht schaffen, sah die EU harte Strafen vor. Für große Autobauer wie etwa Volkswagen hätte das Kosten in Milliardenhöhe bedeuten können. Auch Mercedes wäre wohl an den Vorgaben gescheitert. Bisher lag lediglich BMW auf einem guten Pfad, die Grenzwerte einzuhalten.

Doch nun will die Kommission ihre Regeln noch einmal ändern – zugunsten der Autohersteller. Anstelle einer jährlichen Einhaltung der Grenzwerte sollen die Unternehmen drei Jahre Zeit bekommen, teilte die Behörde in Brüssel mit. Das heißt, für die deutschen Autohersteller sind die Strafen wohl zumindest für dieses und kommendes Jahr vom Tisch. Besonders groß dürfte die Erleichterung bei VW sein. Denn die Wolfsburger bringen ihre günstigeren Elektroautos erst in ein bis zwei Jahren auf den Markt. Wenn jetzt nicht mehr jährlich ein fixer CO₂-Grenzwert geschafft werden muss, sondern ein Durchschnittswert aus 2025, 2026 und 2027 zählt, könnten die neuen Elektromodelle noch viel herausreißen. Denn viele verkaufte E-Autos 2027 können dann die schwächeren Zahlen 2025 ausgleichen.

Klimaschützer warnen vor den Folgen der Gesetzesänderung

Einer Änderung der Vorschrift muss eine Mehrheit unter den EU-Staaten und im Europaparlament zustimmen. Von der Leyen hatte bei der Ankündigung des Vorhabens versprochen, dass dies kein Rückschritt beim Klimaschutz bedeute. „Wir müssen uns an die vereinbarten Ziele halten“, sagte sie. Peter Mock, Direktor des International Council on Clean Transportation (ICCT) hält die neuen Regeln dagegen für unnötig und schädlich für den Klimaschutz. Die EU-Kommission gebe damit „übertriebenen Forderungen seitens Teilen der Automobilindustrie nach.“ Die Autobauer hätten ihre E-Autoverkäufe bereits stark erhöht. „Im Februar waren die Hersteller nur noch zehn Gramm von ihren Zielen für 2025 entfernt“, sagt Mock. Laut Berechnungen den ICCT könnten durch die Gesetzesänderung zusätzliche 26 bis 51 Megatonnen CO₂-Emissionen entstehen – vergleichbar mit den jährlichen Emissionen von Ländern wie Griechenland oder Dänemark.

Hersteller könnten Strafen auch vermeiden, indem sie beispielsweise andere Autobauer – die Ziele übererfüllen – bezahlen und dafür mit diesen einen gemeinsamen Pool bilden. Doch das lassen sich die Unternehmen, die Emissionsrechte abtreten, gut bezahlen. Gewinner dieser Option wären vor allem Tesla und chinesische Hersteller. So wollen Stellantis, Toyota, Ford, Mazda und Subaru ihre CO₂-Flottengrenzwerte mit jenen von Tesla verrechnen lassen. Mercedes zahlt hunderte Millionen Euro, um gemeinsam mit Marken des chinesischen Autoherstellers Geely veranlagt zu werden. So würde im Zweifel Geld bei Europas Konkurrenz in die Kassen gespült, wie der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese bemerkte: „Wir wollen die Klimaziele erhalten, aber nicht durch europäische Gesetzgebung Elon Musk noch reicher machen.“

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