Süddeutsche Zeitung

EU-Kommission:Kampf gegen Geldwäsche

Die Geldwäscheprävention ist in weiten Teilen zu sehr fragmentiert, unzureichend und nicht effektiv.

Von Alexander Mühlauer und Jan Willmroth, Brüssel/Frankfurt

Fälle wie der Skandal um die dänische Danske Bank lassen erahnen, wie gewaltig das Geldwäscheproblem in der EU ist. Die Bank unterhielt viele Jahre lang eine Filiale in Estland, von wo aus jede Menge Geschäftsbeziehungen nach Russland bestanden, und wo die Bankenaufsicht nicht so genau hinschaute, wie sie es hätte tun sollen. Größtenteils aus russischen Quellen, floss von 2007 bis 2015 die unglaubliche Summe von mehr als 200 Milliarden Euro an mutmaßlich illegal erwirtschafteten Geldern über Konten der Bank. Als Korrespondenzbank wickelte die Deutsche Bank einen Großteil der Überweisungen in andere Währungsräume ab und wurde unfreiwillig zum Handlanger in der größten Geldwäscheaffäre der europäischen Geschichte.

Man weiß über diesen Skandal nur Bescheid, weil Ex-Mitarbeiter der Danske Bank Informationen an die Presse weitergaben. Den Aufsichtsbehörden blieb der Fall lange verborgen, genau wie zahlreiche weitere Fälle von Geldwäsche und Terrorfinanzierung, die in jüngerer Vergangenheit bekannt wurden. Das von nationalen Regeln, Banken und Behörden dominierte europäische Finanzsystem ist anfällig für Kriminelle, die illegale Gelder in den Wirtschaftskreislauf einschleusen wollen.

Das Urteil der EU-Kommission fällt angesichts der jüngsten Fälle entsprechend hart aus: Die Geldwäscheprävention in der Europäischen Union sei in weiten Teilen zu sehr fragmentiert, unzureichend und nicht effektiv. Gleich vier Teilberichte haben Finanzmarkt-Kommissar Valdis Dombrovskis und Justizkommissarin Vera Jourova am Mittwoch in Brüssel vorgelegt, aus denen sich dieses Fazit ergibt. Die Behörde fordert unter anderem, die Aufsicht sowohl EU-weit als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten zu stärken und die je nach Land unterschiedlichen Regeln und Zuständigkeiten in der Geldwäschevorsorge stärker anzugleichen. Die Untersuchung der Kommission zeige, "dass unsere strikten Geldwäschebekämpfungsvorschriften nicht in allen Banken und allen EU-Staaten in gleichem Maße angewandt werden", sagte Dombrovskis. Dies müsse sich ändern.

Die EU-Kommission analysiert alle zwei Jahre die Risiken zur Geldwäsche

Mit dem Risikobericht analysiert die EU-Kommission seit 2017 alle zwei Jahre die Risiken zur Geldwäsche und Terrorfinanzierung in der EU. Die diesjährige Analyse steht im Lichte der jüngsten Geldwäscheskandale, zu denen die Kommission einen eigenen Teilbericht verfasst hat: Neben dem Danske-Fall sind das etwa die als Russian Laundromat und Troika Laundromat bekannt gewordenen Affären, in denen Geldwäschenetzwerke Banken in Lettland und Litauen missbraucht hatten. Die meisten Empfehlungen des ersten Berichts seien "weitgehend umgesetzt" worden, heißt es. Aber: Es gibt aus Brüsseler Sicht noch viel zu große Lücken in der Geldwäscheprävention innerhalb Europas. Einige EU-Staaten hätten die vierte Geldwäscherichtlinie, die bis spätestens Mitte 2017 in nationales Recht übertragen werden musste, nicht vollständig umgesetzt. Darunter Deutschland: Die Kommission erteilte der Bundesrepublik erst Anfang des Jahres eine offizielle Rüge, weil die Bundesregierung bei der Umsetzung der vierten Geldwäscherichtlinie geschlampt hat.

Weiter heißt es, Banken hätten grundlegende Vorgaben im Geldwäscherecht nicht befolgt, darunter Risikoanalyse, Kundenidentifizierung und das Berichten verdächtiger Geldströme. Die Behörden hätten viel zu spät reagiert, nämlich in den untersuchten Fällen regelmäßig erst dann, wenn schon massive Regelverstöße bekannt geworden waren. Der unterschiedliche Zuschnitt der Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden in einzelnen Mitgliedstaaten habe Kooperation und Informationsaustausch erschwert, insbesondere bei grenzüberschreitenden Fällen.

Das deckt sich mit Erkenntnissen der Europäischen Bankenaufsicht Eba, die künftig mehr Kompetenzen im Kampf gegen Geldwäsche erhalten wird. In einem nicht zur Veröffentlichung gedachten Bericht hatte eine Abteilung der Eba zahlreiche Rechtsverstöße der nationalen Aufsichten in Dänemark und Estland im Zusammenhang mit dem Danske-Fall festgestellt.

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SZ vom 25.07.2019
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