EU kämpft gegen Plagiate:Wenn der Ferrari aus Thailand kommt

Auch ein ganzer Ferrari kann gefälscht sein: Auf dem Anti-Plagiats-Gipfel in Brüssel war ein Imitat des legendären Modells P4 die Hauptattraktion. Die EU will den Kampf gegen die Fälschungen nun verschärfen.

Die Europäische Union verstärkt ihren Kampf gegen Plagiate. Unter dem Slogan "Fälschungen kosten mehr" eröffnete EU-Präsident José Manuel Barroso in Brüssel einen Gipfel zur Bekämpfung von Imitaten.

Die Kampagne, die von Unternehmen, Wohltätigkeitsorganisationen und Aktionsgruppen unterstützt wird, soll verdeutlichen, dass Imitate nicht nur den großen europäischen Marken schaden, sondern auch Konsumenten und sogar Billiglöhnern.

Organisiert wird die Kampagne von Frederick Mostert, der die Nonprofitorganisation "Authentics Foundation" gegründet hat.

Kein Kavaliersdelikt

Mostert engagiert sich schon seit Jahren gegen Fälschungen und ist derzeit als Gastprofessor in Peking tätig: "Das Nachahmen von Produkten darf nicht länger als Kavaliersdelikt betrachtet werden", sagte er der Financial Times. "Die realen Kosten für die Gesellschaft sind nämlich sehr hoch: Plagiate fördern Kinderarbeit, sie finanzieren das organisierte Verbrechen und den Terrorismus. Viele dieser Produkte sind gefährlich. Flugzeuge sind wegen falscher Bauteile abgestürzt."

Mit einem weltweiten Jahresumsatz von 320 Milliarden Euro habe die Plagiateindustrie inzwischen monströse Ausmaße angenommen, rechnete Mostert weiter vor. Alles kann kopiert werden: Vom Ferrari bis zur Zahnpasta. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass zehn Prozent aller Medikamente in der Welt Imitationen sind. "Das ist angsteinflößend", sagte Mostert.

Um die Allgegenwart von Plagiaten zu verdeutlichen, präsentierten die Veranstalter in Brüssel einen gefälschten Ferrari P4, dessen echte Variante beim Daytona Classic Rennen im Jahr 1967 beeindruckende Erfolge gefeiert hatte. Das Modell, von dem es weltweit nur drei Exemplare gibt, belegte alle drei Podiumsplätze. Die vierte Ausfertigung, die in Brüssel gezeigt wurde, fand Mostert in einem kleinen Gewerbebetrieb in Thailand.

Auch die Shaolin-Mönche aus China - berühmt für ihre Kampfkünste - finden ihren Namen auf unauthorisierten Produkten. Sie nahm daher den langen Weg nach Brüssel ebenfalls auf sich.

Zigaretten besonders problematisch

Nach neuen EU-Zahlen stieg die Zahl beschlagnahmter Plagiate zwischen 2005 und 2006 um 70 Prozent. Dabei machen Zigaretten die Hälfte der sicher gestellten Fälschungen aus. Dem Fiskus entgingen durch Plagiate allein im Jahr 2006 Steuereinnahmen von 230 Millionen Euro.

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