Importe:EU sagt Honigbetrügern den Kampf an

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Honigproduktion: eine Biene bei der Arbeit (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Fast die Hälfte aller Honigimporte nach Europa ist mutmaßlich gepanscht, vor allem mit Zuckersirup. Imker warnen vor dem Niedergang der Bienenzucht - und dem Verlust von Millionen Honigbienenvölkern.

Von Jan Diesteldorf

Auf die Bienen ist Verlass. Sie fliegen unermüdlich von Blüte zu Blüte, sammeln Nektar und Honigtau und bringen die Rohstoffe zurück in den Stock. Dort übernehmen die Stockbienen, reichern die süßen Flüssigkeiten mit Enzymen, Mineralien und anderen Stoffen an und lagern sie in Wabenzellen ein. Ist der Nektar genug eingetrocknet, verfrachten sie ihn in Lagerzellen und verschließen diese mit Wachs. Heraus kommt ein reines Naturprodukt, schon seit der Steinzeit geschätzt.

Da Honig aber zu etwa vier Fünfteln aus Zucker besteht, lässt er sich leicht strecken, zum Beispiel mit Zuckerrübensirup. Das ist in der Europäischen Union zwar streng verboten, festgelegt in der EU-Honigverordnung von 2001, aber leider Alltag: Fast die Hälfte aller Honigimporte in der EU sind mutmaßlich gepanscht, ergab kürzlich eine Studie der Europäischen Kommission. Die Importe braucht es, weil die Europäer viel mehr Honig verzehren, als die Bienen auf dem Kontinent herstellen. Was überwiegend aus China, der Ukraine, der Türkei und einer Handvoll anderer Staaten auf den Tischen europäischer Verbraucher landet, dürfte also gar nicht als Honig verkauft werden. Die betrogenen Kunden bekommen davon nichts mit: Sie lesen bloß "Mischung von Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern" auf dem Etikett.

Die EU will nun den Kampf gegen Honigbetrug aufnehmen. Am vergangenen Freitag legte die Kommission ein Gesetzespaket vor, mit dem sie eine ganze Reihe von Vermarktungsnormen für Lebensmittel überarbeiten will. Teil davon sind genauere Herkunftsbezeichnungen unter anderem für Honig. Künftig soll auf jedem Etikett stehen, aus welchen Ländern der enthaltene Honig stammt. Einige Mitgliedstaaten hatten sich für eine Pflicht eingesetzt, die jeweiligen Anteile in Prozent anzugeben. So weit wollte die Kommission aber offenbar nicht gehen.

Europas Imker warnen vor einem Niedergang der Bienenzucht

Immerhin liegt jetzt ein Vorschlag für mehr Transparenz auf dem Tisch. Mancher Kunde zieht künftig womöglich den doppelt so teuren Imkerhonig industriell gefertigten Mischungen vor. Wenn die Nachfrage nach heimischem Honig steigt, stützt das außerdem die Preise und hilft Europas Imkern.

Ob das Vorhaben den Honigbetrug und den unfairen Wettbewerb unterbinden wird, ist angesichts der Menge an Einfuhren aber fraglich. 218 000 Tonnen an innerhalb der Europäischen Union produziertem Honig stehen laut EU-Zahlen 175 000 Tonnen Importe gegenüber. Für die Ende März vorgestellte Studie untersuchte der wissenschaftliche Dienst der Kommission von 2021 bis 2022 Importe in 15 EU-Staaten sowie die Schweiz und Norwegen. 46 Prozent der untersuchten Proben waren verdächtig, im Vergleich zu nur 14 Prozent fünf Jahre zuvor. Die Testmethode habe es nicht ermöglicht, die Menge an beigemischten Substanzen eindeutig festzustellen, heißt es in der Untersuchung.

Europas Imker warnen schon länger vor einem Niedergang der Bienenzucht wegen Billig-Importen aus Drittländern. "Ein Großteil der Berufsimker befindet sich mittlerweile in einer verzweifelten Lage", so beschreibt es der finnische Imker Stanislav Jaš, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Honig der Agrarverbände Copa und Cogeca. Deren Schätzung zufolge könnten durch "die Zerstörung der Existenzgrundlage der europäischen Erwerbsimker" bis zu fünf Millionen Honigbienenvölker auf dem gesamten Kontinent verloren gehen. Für die europäische Landwirtschaft wäre das ein Desaster: Bestäubende Insekten, darunter Bienen, Hummeln und Wildbienen, tragen laut EU-Kommission etwa 22 Milliarden Euro zu deren Wertschöpfung bei.

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