EU-Finanzrahmen bis 2020:Ein besserer Haushalt lässt sich nicht erstreiten

Bei der gemeinsamen Kasse der EU geht es weniger um das Geld als um die Stärkung des inneren Zusammenhalts. Der nun verabschiedete Haushalt ist nicht perfekt, doch er erfüllt gleich mehrere wichtige Anforderungen: Die EU reiht sich in die Sparpolitik der Nationen ein - und die Briten erhalten ein klares Signal: Wir wollen euch dabei haben.

Ein Kommentar von Martin Winter, Brüssel

Sternstunden leuchten anders. Nur unter Mühen hat sich die Europäische Union auf einen neuen Haushalt verständigt. Die Stimmung war schon einmal besser. Der kombinierte deutsche und britische Druck hat eine Sparsamkeit erzwungen, die jenen nicht gefällt, die auf satte Subventionen aus Brüssel vertrauen. Dennoch ist es gut, dass Berlin und London sich durchgesetzt haben. Die Zeiten sind auch für die EU vorbei, in denen Budgets stetig wachsen konnten. Wenn die Mitgliedsländer in der Krise den Gürtel enger schnallen müssen, dann kann Brüssel nicht ein paar Pfunde zulegen. Das würde niemand verstehen.

Gerne wird in Brüssel die Behauptung vermittelt, ein größeres Budget sei die beste Investition in das Wachstum in Europa. Belegen lässt sich die These nicht. Entweder haben diejenigen, die so argumentieren, von Wirtschaft keine Ahnung. Oder sie wollen die Menschen für dumm verkaufen. Selbst wenn der Haushalt auf die Wunschgröße des Europäischen Parlaments anwüchse, stünde er immer noch für einen verschwindend geringen Teil der wirtschaftlichen Gesamtleistung der EU. Ein kraftvoller ökonomischer Hebel ist das nicht, mehr ein Symbol. Im Übrigen gibt es kein einheitliches Rezept für Wachstum in der Union. Was in dem einen Land funktioniert, kann in einem anderen schiefgehen. So viel zumindest sollte aus der europäischen Krise gelernt worden sein.

Nüchtern betrachtet dient der EU-Haushalt vor allem der Umverteilung - in bescheidenem Maße - von den reichen in die ärmeren Regionen. Zweitens dient er der Subventionierung des Bauernstandes. Das ist bedauerlich, weil diese Subventionen allzu oft an Geldverschwendung grenzen. Aber für die Zahlungen gibt es durchaus auch einen guten Grund: Die gemeinsame Kasse stärkt den inneren Zusammenhalt der EU. Nein, käuflich sind die 27 Mitgliedsländer wohl nicht. Aber jedes will seinen praktischen Vorteil aus der Union ziehen.

Und das nicht nur, weil ein Regierungschef, der als Verlierer nach Hause kommt, nicht gut gelitten ist. Wichtiger ist, dass die Zustimmung in der Bevölkerung zur EU auch davon abhängt, ob die Menschen Europa als eine ihnen wohltätig gesonnene Organisation empfinden.

Die Zuneigung ihrer Bürger ist für die EU überlebenswichtig. Das muss aber nicht zwingend dazu führen, dass immer mehr Geld auf den Tisch gelegt wird. Wie die Staats- und Regierungschefs jetzt gezeigt haben, können Begehrlichkeiten auch mit weniger Geld befriedigt werden, wenn das Budget nur etwas intelligenter eingesetzt wird. Der EU haben sie damit im Übrigen noch einen weiteren, für den Bestand der Union vielleicht sogar entscheidenden Dienst erwiesen. Die Staats- und Regierungschefs sind den Sparwünschen des britischen Premiers entgegengekommen und haben damit der Versuchung widerstanden, David Cameron an den Rand zu drängen.

So wurde ein klares Signal über den Kanal geschickt: Die Europäische Union will die Briten in ihrer Mitte behalten. Eine Abfuhr beim Haushalt hätte die antieuropäischen Kräfte in Großbritannien gestärkt und die Chancen der Pro-Europäer bei der möglicherweise bevorstehenden Volksabstimmung arg beschädigt.

Der auf sieben Jahre angelegte Haushalt, auf den sich die Mitgliedsländer mühevoll zubewegten, ist nicht perfekt, und man hätte vieles klüger machen können. Aber mehr geht zurzeit wohl nicht. Außerdem erfüllt ein Sparbudget bereits die wichtigsten Anforderungen: Die EU reiht sich in die Sparpolitik der Nationen ein, Nachzügler bleiben nicht zurück, und die Union wird zusammengehalten. Das Europäische Parlament mag nun mehr verlangen. Aber es sollte der Versuchung widerstehen, diesen Haushalt scheitern zu lassen. Einen besseren wird es nicht kriegen.

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