Handelspolitik:Wie die EU gegen Chinas Subventionen vorgeht

Handelspolitik: Containerschiffe auf der Elbe in Hamburg: Beim Auftrag für die Elbvertiefung gab es Ärger.

Containerschiffe auf der Elbe in Hamburg: Beim Auftrag für die Elbvertiefung gab es Ärger.

(Foto: Markus Tischler/imago images)

Ein brisantes Gesetz soll verhindern, dass gepäppelte Staatskonzerne in der EU Ausschreibungen gewinnen oder Technologiefirmen aufkaufen. Das Europäische Parlament will die Regeln noch verschärfen. Und es ist nicht der einzige neue Rechtsakt gegen China.

Von Björn Finke, Brüssel

Christophe Hansen zeigt mit einem Beispiel aus Deutschland, wieso das EU-Gesetz nötig ist: "Bei einer Ausschreibung für die Elbvertiefung hat ein chinesischer Staatskonzern jüngst ein Angebot gemacht, das 30 Prozent günstiger als die europäische Konkurrenz war", sagt der Europaabgeordnete aus Luxemburg. "Das geht nur mit Subventionen - und ist unfair gegenüber den EU-Firmen." Bald kann die Kommission in Brüssel derartig gepäppelte Unternehmen von großen öffentlichen Ausschreibungen ausschließen oder ihnen Zukäufe in der EU verbieten. Dies bestimmt eine brisante Verordnung, die noch in diesem Jahr in Kraft treten soll. Hauptadressat der Regelung sind chinesische Konzerne.

Den Gesetzentwurf präsentierte die Kommission im vergangenen Jahr. Am Montagabend verabschiedete der zuständige Handelsausschuss im Europäischen Parlament seine Position dazu - ohne Gegenstimme. Verantwortlich für die Verordnung ist der Christdemokrat Hansen. Der Ministerrat, die Gesetzgebungskammer der Mitgliedstaaten, könnte sich ebenfalls schon kommende Woche auf seine Position verständigen. Direkt danach sollen die Verhandlungen zwischen Parlament, also Hansen, und Vertretern des Ministerrats beginnen. Einigen sich beide Seiten, wird die Verordnung verabschiedet, womöglich bereits in diesem Sommer. "Die Positionen liegen nicht weit auseinander", sagt Hansen.

Das Gesetz schließt eine Lücke: Bisher können die Wettbewerbshüter der Kommission nur einschreiten, wenn EU-Regierungen ihren Unternehmen Subventionen zahlen und so den Binnenmarkt verzerren. Daneben kann die Behörde Strafzölle verhängen, wenn Hersteller auf anderen Kontinenten Beihilfen kassieren und ihre Waren daher zu Ramschpreisen in die EU exportieren. Keine Handhabe gibt es aber bislang dagegen, dass Konzerne in ihrer Heimat, zum Beispiel China, subventioniert werden und sich dann in der EU an Ausschreibungen beteiligen oder bei Firmenübernahmen mitbieten. Dank der freundlichen Unterstützung aus Peking können diese Konzerne sehr günstige Angebote einreichen oder bei Übernahmen Mondpreise zahlen.

Hansen sagt, verdächtig niedrige Angebote schrieben nicht nur chinesische Unternehmen, sondern manchmal auch indische oder russische. Sehr gefährlich findet es der Christdemokrat, wenn subventionierte Konzerne aus Asien europäische Technologiefirmen zu unschlagbar hohen Preisen kaufen, um sich auf diese Weise das Know-how anzueignen. "Das ist eine geostrategische Herausforderung; wir geraten da in eine Abhängigkeit", sagt er.

Brüssel kann Zukäufe verbieten

Die Verordnung sieht nun vor, dass Konzerne Übernahmen zuvor von der Kommission billigen lassen müssen, wenn sie binnen drei Jahren insgesamt 50 Millionen Euro Subventionen von Nicht-EU-Regierungen kassiert haben. Zudem müssen Bieter bei großen staatlichen Ausschreibungen die Brüsseler Behörde über solche Beihilfen informieren. Nach Abwägung von Vor- und Nachteilen kann die Kommission Gegenmaßnahmen verhängen - bis hin zu einem Verbot des Zukaufs oder der Teilnahme an der Ausschreibung.

Der Gesetzentwurf gibt Schwellenwerte vor, ab wann Geschäfte gemeldet werden müssen. Die Europaabgeordneten fordern in ihrer Verhandlungsposition, diese Untergrenzen abzusenken, damit die Verordnung mehr Fälle abdeckt. Ihnen zufolge sollen Ausschreibungen über einen Wert von 200 Millionen Euro berücksichtigt werden; Übernahmen sollen geprüft werden, wenn das Ziel mindestens 400 Millionen Euro Umsatz jährlich erwirtschaftet. Daneben kann die Kommission jederzeit von sich aus tätig werden, sollte sie den fairen Wettbewerb in Gefahr sehen - selbst wenn die Schwellenwerte nicht erreicht werden.

Diese Regelung ist nicht das einzige Gesetz, mit dem sich die EU gegen dubiose Praktiken Chinas wappnen will. Erst im März einigten sich Parlament und Ministerrat auf eine Verordnung, die es der Kommission erlaubt, Konzerne von staatlichen Ausschreibungen auszusperren, wenn deren Heimatland EU-Firmen nicht ähnlich guten Zugang gewährt. Europäische Unternehmen beklagen seit Langem, in China nicht zum Zuge zu kommen - jetzt kann die EU Peking drohen, es chinesischen Anbietern mit gleicher Münze heimzuzahlen, falls sich das Land nicht öffnet.

Zudem präsentierte die Kommission im Dezember einen Gesetzentwurf, der es Brüssel ermöglicht, schnell Gegensanktionen einzuführen, wenn eine Wirtschaftsmacht ungerechtfertigte Strafen gegen einen EU-Staat verhängt. Ein Beispiel ist wieder China, das Litauen einen Handelsboykott auferlegt hat. Später im Jahr will die Behörde noch ein Gesetz gegen Zwangsarbeit vorstellen: In der EU dürfen dann keine Waren mehr verkauft werden, bei deren Produktion Zwangsarbeiter beteiligt sind. Kein Zweifel: Auch dies wird China treffen.

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