Süddeutsche Zeitung

EU-Bürgerinitiative Right2Water:EU freut sich über Besuch von Privatisierungsgegnern

Right2Water war die erste erfolgreiche EU-Bürgerinitiative. Nun durften die Antiprivatisierungs-Aktivisten in Brüssel ihre Argumente vortragen - und die Kommission jubelt.

Von Javier Cáceres, Brüssel

Maros Sefkovic, slowakischer Vizepräsident der Europäischen Kommission, und als solcher zuständig für die Verwaltung, war am Montagvormittag nachgerade außer sich vor Freude. In der für Staats- und Ehrengäste reservierten "Vip-Ecke" des Berlaymont-Gebäudes, dem Sitz der Kommission in Brüssel, empfing Sefkovic 25 Vertreter von Verbänden aus dreizehn Ländern, die ihm symbolisch 1 680 172 Unterschriften übergaben.

"Ein großer Tag für Europa", freute sich Sefkovic, und fügte fast schon jubelnd hinzu, dass man einem "Musterbeispiel an Graswurzeldemokratie" beiwohne. Graswurzeldemokratie? Oh ja. Zumindest insofern, als die fast 1,7 Millionen Signaturen waren für das erste geglückte, paneuropäische, basisdemokratische Projekt, nämlich die Europäische Bürgerinitiative Right2Water, zu Deutsch: Recht auf Wasser.

Zur ersten erfolgreichen Bürgerinitiative wurde Right2Water, weil sie die erste war, die alle Anforderungen erfüllte, die im Vertrag von Lissabon genannt werden. Sprich: mehr als eine Million Unterstützer aus mindestens sieben Mitgliedstaaten. Die Frage ist nun, inwiefern sie auch inhaltlich mit Leben gefüllt wird. Bei Erfolg einer Initiative erwerben die Organisatoren zunächst ja nur das Recht, vom Europaparlament und von der Europäischen Kommission angehört zu werden - was am Montag geschah. Ob und wie die Kommission letztlich die Anliegen von Petenten aber umsetzt, in Rechtstexte gießt, bleibt ihr weitgehend überlassen. Ihre einzige Verpflichtung besteht darin, innerhalb von drei Monaten eine Stellungnahme abzugeben. Im Fall von Right2Water läuft diese Frist am 19. März ab.

Die Debatte um Right2Water hatte bereits einen Erfolg

So gesehen war es nur normal, dass die Kommission sich am Montag hütete, inhaltlich zu Right2Water Stellung zu nehmen. Ihre Organisatoren verlangen dreierlei: dass alle Europäer ein Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung haben, dass sich die EU auch international für einen universellen Zugang zu Wasser einsetzt, und dass die Versorgung mit Trinkwasser nicht den Binnenmarktregeln unterworfen wird: "Die Wasserwirtschaft ist von der Liberalisierungsagenda auszuschließen." Womit wir beim Geheimnis des Erfolges von Right2Water wären. Denn wer weiß, was gewesen wäre, wenn es im vergangenen Jahr die überaus hitzige Debatte über die Konzessionsrichtlinie nicht gegeben hätte.

Damals ging es um die Frage, ob eine Privatisierung von öffentlichen Wasserbetrieben nach Binnenmarktregeln erfolgen muss - ob Ausschreibungen europaweit erfolgen müssen oder nicht. Die Kommission gab schließlich klein bei: Öffentliche Wasserbetriebe wurden sie aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen. So gesehen hat die Initiative schon jetzt einen Erfolg vorzuweisen. Andererseits, in puncto Unterstützerzahl wird sie schon bald übertroffen werden, von einer von Abtreibungsgegnern getragenen Kampagne gegen die Finanzierung der Forschung an Embryonen durch die EU: Sie weist mehr als zwei Millionen Unterzeichner auf.

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SZ vom 18.02.2014/sks
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