Chancengleichheit und Klima:EU fordert mehr Geschäftsdetails von Börsenkonzernen

K+S mit neuem Versenkantrag

Die EU-Kommission will, dass künftig mehr Geld in den klimafreundlichen Umbau von Europas Wirtschaft fließt.

(Foto: Uwe Zucchi/dpa)

Die EU-Kommission will börsennotierte Firmen zwingen, ausführlicher über Umwelt- und Sozialthemen zu informieren. Im Europaparlament geht das manchem zu weit.

Von Björn Finke, Brüssel

Unternehmen in Europa sollen künftig detaillierter über Umwelt- und Sozialthemen informieren. Außerdem soll diese Verpflichtung mehr Firmen treffen als bislang. EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness will einen entsprechenden Richtlinienvorschlag in eineinhalb Wochen präsentieren; ein Entwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Der Vorschlag würde die existierende, 2014 verabschiedete Richtlinie über nicht finanzielle Berichtspflichten verschärfen und ausweiten.

Dieses EU-Gesetz schreibt vor, dass börsennotierte Unternehmen sowie Banken und Versicherer nicht nur über Finanzkennzahlen und Geschäftsverlauf informieren, sondern auch darüber, wie sie ökologische und soziale Belange berücksichtigen und wie sich ihre Aktivitäten auf Mensch und Umwelt auswirken. Die Kommission klagt aber in der Begründung des neuen Richtlinienvorschlags, viele Konzerne berichteten nur unvollständig und lieferten nicht alle Informationen, die für Investoren, Gewerkschaften oder Umweltschützer wichtig seien. Die Angaben seien zudem "oft nicht zuverlässig genug" und nur schlecht vergleichbar.

Zugleich nimmt der Bedarf an solchen Angaben zu - auch wegen neuer Vorschriften der Kommission. So trat erst im März eine Regelung in Kraft, der zufolge Finanzberater und Fondsanbieter Kunden besser über die soziale und ökologische Nachhaltigkeit von Investments informieren müssen. Mit solchen Initiativen will die Kommission erreichen, dass mehr Geld in den klimafreundlichen Umbau von Europas Wirtschaft fließt - was dringend nötig ist, damit die EU ihre ehrgeizigen Klimaziele schaffen kann. Um Anleger umfassender informieren zu können, benötigen die Finanzmarkt-Profis wiederum detaillierte Nachhaltigkeitsberichte der Unternehmen, in die sie investieren.

Work-Life-Balance, Zahlungsmoral, Lobbyismus

Der Vorschlag der Kommission, dem Europäisches Parlament und Ministerrat zustimmen müssen, würde mehr Firmen als bisher solche Berichtspflichten auferlegen. Bislang sind nur Börsenkonzerne mit mehr als 500 Beschäftigten betroffen, künftig sollen alle börsennotierten Unternehmen Rapport erstatten. Zudem listet der Entwurf genau auf, welche Aspekte abzudecken sind. Neben Klima- und Umweltschutz geht es zum Beispiel um Chancengleichheit für Frauen und Menschen mit Behinderung, die Work-Life-Balance der Beschäftigten, den Kampf gegen Korruption, die Zahlungsmoral gegenüber Zulieferern oder die vom Unternehmen finanzierte Lobbyarbeit.

Nicht börsennotierte Mittelständler bleiben von den neuen Pflichten verschont. Allerdings beauftragt der Richtlinienentwurf die Kommission damit, bis Herbst 2023 nicht bindende Empfehlungen zu veröffentlichen, wie kleine und mittelgroße Betriebe über Nachhaltigkeitsthemen berichten sollten.

Im Europaparlament regt sich jedoch schon Widerstand gegen den Ehrgeiz der Kommission. So weist der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber darauf hin, dass "Berichtspflichten allein kein Problem" lösen. "Wenn das produzierende Gewerbe am Ende nur noch berichtet, aber vor lauter Bürokratie nichts mehr produziert, läuft etwas grundlegend falsch", warnt der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion. Die nicht bindenden Empfehlungen für Mittelständler findet Ferber ebenfalls heikel: Sei so etwas erst einmal eingeführt, werde es "irgendwann verpflichtend gemacht: Diese Hintertür sollte man besser gleich geschlossen halten".

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