Verbraucherschutz:Ein Ladekabel für fast alle Geräte

Verbraucherschutz: Zukunftsmodell neben Auslaufmodell: Geräte mit Apples Lightning-Buchsen (rechts) dürfen von Herbst 2024 an nicht mehr in der EU verkauft werden. Neuer Einheitsstandard ist USB-C (links).

Zukunftsmodell neben Auslaufmodell: Geräte mit Apples Lightning-Buchsen (rechts) dürfen von Herbst 2024 an nicht mehr in der EU verkauft werden. Neuer Einheitsstandard ist USB-C (links).

(Foto: Jessy Asmus)

In der EU wird künftig ein Typ Ladekabel ganz unterschiedliche Produkte mit Strom versorgen können: Handys und E-Reader, Laptops und Navigationsgeräte. Dieser Kampf gegen den Kabelsalat hat aber einen großen Verlierer.

Von Björn Finke, Brüssel

Wer auf einer Party merkt, dass seine Handybatterie leer ist, kann künftig fest davon ausgehen, dass der Gastgeber ihm ein passendes Ladegerät ausleihen kann. Denn von Herbst 2024 an dürfen in der EU nur noch Mobiltelefone mit der Anschlussbuchse USB-C verkauft werden. Das ist ohnehin die am weitesten verbreitete, bloß Apple setzt bei Handys und kleinen Tablets auf den eigenen Standard Lightning. Das wird in zweieinhalb Jahren nicht mehr erlaubt sein, dank eines neuen Gesetzes, auf das sich am Dienstag Europaparlament und Ministerrat geeinigt haben, das Gremium der Mitgliedstaaten.

Das Parlament setzte in den Diskussionen durch, dass der Einheitsanschluss sogar für deutlich mehr Geräte gelten wird, als die EU-Kommission in ihrem Gesetzentwurf geplant hatte. Die Behörde schlug im vergangenen September vor, dass USB-C die Buchse der Wahl für Handys, Tablets, Kameras, drahtlose Kopfhörer, tragbare Lautsprecher und Spielekonsolen sein soll. Im April verständigte sich der zuständige Binnenmarktausschuss des Parlaments auf seine Position zu dem Rechtsakt; die Abgeordneten sprachen sich für einen umfassenderen Anwendungsbereich aus. Und diese Forderung schlägt sich jetzt im finalen Gesetzestext nieder, auf den sich Parlament und Ministerrat geeinigt haben. Demnach sollen auch E-Reader, Navigationsgeräte sowie drahtlose Tastaturen und Computermäuse in zweieinhalb Jahren dem USB-C-Zwang unterliegen. Selbst für Laptops soll das gelten - allerdings erst nach einer längeren Übergangsfrist, die Anfang 2026 endet.

Der maltesische Europaabgeordnete Alex Agius Saliba führte die Verhandlungen mit dem Ministerrat für das Parlament. Der Sozialdemokrat sagt, Europas Verbraucher seien "seit Langem frustriert darüber, dass sich mit jedem neuen Elektrogerät eine Vielzahl an Ladegeräten auftürmt". Die EU-Kommission schätzt, dass das Ende des Kabelsalats jedes Jahr bis zu 250 Millionen Euro an Ausgaben für Ladegeräte spart. Schließlich ist es dann nicht mehr nötig, neben dem neuen Handy oder Tablet eine neue Stromversorgung zu kaufen - das alte Kabel und das alte Netzteil werden passen. Nach Angaben der Brüsseler Behörde verursachen ungenutzte und weggeworfene Ladegeräte jährlich 11 000 Tonnen Elektromüll, und diese Menge soll der Einheitsanschluss senken.

Die Einigung am Dienstag in Straßburg beendet einen 13 Jahre andauernden Kampf gegen den Kabelsalat. Es ist Sommer 2009, als dieser Kampf beginnt. Apple hat gerade sein iPhone 3GS vorgestellt, mit seiner revolutionären Drei-Megapixel-Kamera, und Günter Verheugen hält in Brüssel bei einer Pressekonferenz ein paar Ladegeräte in die Höhe. Der Deutsche ist damals EU-Industriekommissar und klagt, dass er in seinen Schubladen allein sechs dieser Teile für Handys gefunden habe. Er hat aber eine gute Nachricht mitgebracht: eine freiwillige Vereinbarung von führenden Handyfirmen, die den Kabelwust abstellen soll.

Apple warnt vor höheren Kosten

Tatsächlich verständigen sich die Konzerne auf einen einheitlichen Standard für die Netzteile. Und was die Buchsen an den Telefonen und Tablets angeht, gibt es damals 30 unterschiedliche Anschlüsse, mittlerweile sind es bloß noch drei: USB-C, das Auslaufmodell Micro-USB und Apples Lightning-Buchse. Kommission und Europaparlament reicht dieser Fortschritt jedoch nicht, weswegen die EU jetzt per Gesetz die Einheitsbuchse durchsetzt. Für den kalifornischen Technologiekonzern Apple dürfte es teuer sein, zwei Versionen seiner Handys zu produzieren - eine mit USB-C für Europa und eine mit Lightning für den Rest des Planeten. Darum könnte die Einigung von Straßburg de facto das weltweite Aus für Lightning bedeuten.

Wenig überraschend lehnt das Unternehmen den Rechtsakt daher ab. In einer Stellungnahme heißt es, das Lightning-Verbot sei "völlig unverhältnismäßig"; nur einen Anschlusstyp zu erlauben, werde "Europas Verbrauchern schaden, da es die Einführung nützlicher Innovationen bei Ladetechnik verlangsamt". Im Übrigen sei die Übergangsphase zu kurz, argumentieren die Kalifornier: Wenn von Herbst 2024 an keine älteren Apple-Telefone und -Tablets mit Lightning mehr verkauft werden dürfen, raube das Kunden die Möglichkeit, sich bewusst für ein billigeres Vorgängermodell zu entscheiden anstatt für das allerneueste Apple-Gerät.

Damit wirklich Elektromüll vermieden wird, schreibt das Gesetz vor, dass Verbraucher die Wahl haben müssen, ob sie ein Gerät alleine oder mit Ladeteil kaufen. Die Grünen-Fraktion wollte es sogar verbieten, dass Hersteller ihre Handys und Laptops zusammen mit Ladeteilen anbieten. Aber mit dieser Forderung konnte sie sich nicht durchsetzen. Allerdings legt der Rechtsakt fest, dass die EU in vier Jahren prüft, ob solch eine erzwungene Entflechtung nicht doch nötig ist im Kampf gegen die Müllberge. Außerdem soll die Kommission bis 2024 die Entwicklung eines Standards für das kabellose Laden in Auftrag geben - damit hier nicht das nächste Chaos droht.

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