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ETF-Sparpläne:Sparen trotz kleinen Budgets

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Derzeit sitzt das Geld knapp, viele sind in Kurzarbeit. Doch auch mit geringen Beträgen können Anleger monatlich vorsorgen. Sparpläne auf börsengehandelte Fonds eignen sich zum Beispiel dafür.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Finanziell sind die Menschen in Deutschland sehr unterschiedlich von der Corona-Krise betroffen. Zwar fielen tägliche Ausgaben für Freizeitaktivitäten oder Restaurantbesuche durch die Ausgangsbeschränkungen monatelang weg, was die Haushaltsbudgets schonte. Viele von Kurzarbeit, Auftragsflaute oder gar Arbeitslosigkeit Betroffene müssen aber ihre Kosten mit deutlich geringerem Einkommen stemmen.

Laut Umfrage des deutschen Instituts für Altersvorsorge stellten rund 20 Prozent der Befragten das Sparen vorerst ganz ein oder kürzten die Geldanlage für die Altersabsicherung. "Nicht nur durch die Krise haben viele Menschen ein zu geringes oder unregelmäßiges Einkommen, für eine Sparrate zur Vorsorge ist schlicht nichts da. Langfristig zahlen sich aber schon Kleinbeträge aus," sagt Merten Larisch, Teamleiter Geldanlageberatung bei der Verbraucherzentrale Bayern.

Das geeignete Produkt zum langfristigen Ansparen in kleinen Beträgen für die Ausbildung der Kinder, die Altersvorsorge oder auch die Finanzierung des Eigenheims, ist ein Sparplan. Monatlich wird dabei eine fixe Summe automatisch vom Girokonto abgebucht.

ETF-Sparpläne bieten Flexibilität, sie lassen sich aufstocken oder verringern

Attraktive Renditen sind in Zeiten der Niedrigzinsen allerdings rar. "Für das Alter wollen die Menschen immer eine besondere sichere Geldanlage und entscheiden sich dann eben für Staatsanleihen, Pfandbriefe und Tagesgeld - alles Anlagen mit Renditen unterhalb der Inflationsrate und somit Kapitalverlust", sagt Stefan Maly, Leiter Anlagestrategie bei der Consorsbank. Wer mehr will, muss auch mehr wagen und das bedeutet anlegen über die Finanzmärkte.

Kleinanleger sollten sich von den jüngsten Börsenturbulenzen nicht abschrecken lassen. Auf lange Sicht ab zehn Jahren können Verluste ausgeglichen werden. "Wir raten, ausgehend von der Risikoeinstellung, einen - danach zu bestimmenden - Anteil des langfristig anzulegenden Geldes in den Aktienmarkt zu investieren", sagt Larisch. Konkret bieten Sparpläne auf passiven Fonds, sogenannte ETF, gute Chancen. Diese bilden einen kompletten Aktien- oder Anleihen-Index ab und vollziehen die Kursbewegungen exakt nach. Sparer können somit von der Entwicklung eines ganzen Aktienmarktes - zum Beispiel des deutschen Leitindexes DAX mit den 30 größten heimischen Aktien - profitieren.

ETF sind Sondervermögen mit Kapitalschutz und als passive Fonds unschlagbar günstig. ETF-Sparpläne gibt es etwa bei Consorsbank und Commerzbank schon zu geringen monatlichen Beträgen ab 25 Euro. ETF-Sparpläne bieten zudem enorme Flexibilität. Man verpflichtet sich zu nichts, kann sie monatlich oder im Quartal besparen und jederzeit aufstocken oder verringern. Auch eine zeitweise Unterbrechung ist ohne Belastung möglich. Es gibt unzählige ETF-Sparpläne am Markt, auf bekannte internationale Indizes wie Dow Jones, den S&P 500 oder den Euro Stoxx 50, sowie Themen-ETF auf Technologie oder Gesundheit.

Für Börsenneulinge raten Experten zu einfachen ETF mit internationaler Streuung. "Mein Rat wäre, wenn monatlich 25 Euro Sparrate übrig sind, dann setzen sie nicht auf den Geheimtipp des Nachbarn, sondern legen sie so breit wie möglich in den ETF MSCI World all countries an", sagt Maly. Wer mit insgesamt 50 Euro ein bisschen mehr Geld zur Verfügung habe, solle noch einen Fonds auf einen Schwellenländer-Index hinzumischen.

Eine gute Möglichkeit für Börsenskeptiker, das Risiko ihres Portfolios zu begrenzen, ist den monatlichen Sparbetrag aufzuteilen. Möglich ist etwa einen ETF-Sparplan mit einem Bank-Sparplan oder mit einem Renten-ETF zu kombinieren, wie das Beispiel der Verbraucherzentrale Bayern zeigt: Wer zehn Jahre regelmäßig monatlich 50 Euro in einen Bank- und 50 Euro in einen Aktien-ETF-Sparplan auf den MSCI World gesteckt hat, hätte am 31.3.2020 vor Steuern eine Auszahlungssumme von rund 14 750 Euro in der Tasche. Angenommene Verzinsung des Banksparplans liegt bei 0,5 Prozent jährlich, die Renditeerwartung für Aktien-ETF bei sieben Prozent. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren stünden 38 150 Euro zu Buche, 35 Jahre brächten 109 000 Euro.

Von Renditeversprechen komplexer Finanzprodukte sollten Kleinanleger sich nicht locken lassen. "Geschlossene Fonds, Nachrangdarlehen, Beteiligungen, Genussrechte, Einzelaktien oder Zertifikate können als Beimischung durch Zufall etwas Rendite bringen und sind somit nur etwas für wettende Zocker", sagt Larisch. Diese seien hochriskant und spekulativ. Riester-Fondssparpläne können sich hingegen für junge Sparer durch den Steuervorteil und Kinderzulagen lohnen. Hier gilt es ja nach Einkommen genau zu kalkulieren, der Mindestbetrag macht 60 Euro jährlich aus.

Unverzichtbar für alle ETF-Sparer ist das Ausbalancieren ihres Portfolios. Was das bedeutet, erklärt Banker Maly anhand eines ausgewogenen Anlagekonzepts mit 50:50 Aufteilung in einen ETF auf den MSCI World Index und einen Renten-ETF: "Wenn nun der Aktienmarkt gut läuft und zehn Prozent Rendite bringt, dann verschiebt sich das Verhältnis hin zu 55:45. Das Risiko des Portfolios kann also über mehrere Jahre steigen." Ab zehn Prozent Abweichung sollten Anleger die ursprüngliche Zielgewichtung wieder herstellen.

Der erste Schritt zu einem ETF-Sparplan ist die Eröffnung eines Depots. Bei der Wahl des Anbieters ist unbedingt auf die Kosten zu achten. Bei Direktbanken entfällt in der Regel die Depotgebühr, Kosten für die Sparplanausführung und Order variieren je nach Anbieter. Der Geldbetrag, etwa 25 Euro, für den ETF-Kauf wird vom Girokonto abgebucht. Für den Sparplan gilt es einen ETF mit Wertpapierkennnummer aus der Anbieter-Palette zu wählen.

Weltmarktführer im ETF-Markt ist die US-Fondsgesellschaft Blackrock mit der Marke iShares, in Europa sind etwa die Deutsche Bank mit DB X-Trackers und die französische Lyxor International stark vertreten. "Bei ETF-Standardprodukten auf MSCI World, Dax oder S&P ist der Wettbewerb so intensiv, dass sie jeden namhaften Anbieter wählen können ohne einen wirklichen Preisunterschied. Zudem sollte man in diesem Fall ETF mit hohem Volumen bevorzugen", rät Maly.

Bevor Sparer langfristig für das Alter angelegen, sollte die private Not-Reserve für Reparaturen und Anschaffungen, die in den nächsten 12 Monaten anfallen, befüllt werden. "Es gibt keine Faustregel für ihre Höhe, aber häufig werden drei Nettogehälter als Richtwert für die Rücklage genannt", sagt Larisch. Dieses Kapital muss auf Sparkonten täglich verfügbar sein. Für Geld, das bis sieben Jahren für eine neue Küche oder das Auto geplant ist, eignen sich Festgeldkonten mit einer bis zu fünfjährigen Bindung. Wer gezwungen war, jüngst die Sparrate zu verringern, sollte seine Handy- und Energie-Tarife sowie Versicherungen unter die Lupe nehmen. Eliminierte Kostenfresser könnten für eine kleine Sparsumme reichen.

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Quelle:
SZ vom 18.06.2020
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