Etat-Verhandlungen:EU ohne Haushalt

Das hat es seit 22 Jahren nicht mehr gegeben: Die Verhandlungen über das EU-Budget sind gescheitert - für das kommende Jahr hat die Europäische Union keinen Haushalt. Zu heftig waren die Machtkämpfe in Brüssel.

Die EU hat vorerst keinen Haushalt für das kommende Jahr. EU-Staaten und das Europaparlament konnten sich in der Nacht zum Dienstag in Brüssel nicht auf einen Kompromiss einigen. "Das ist ein bedauerliches Scheitern", sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Europaparlaments, Alain Lamassoure. Streitpunkt war eine politische Erklärung der Mitgliedsstaaten zur Machtverteilung bei der künftigen Haushaltsprozedur.

EU - Verhandlungen über Haushalt 2011

Die EU kann laut EU-Vertrag auch im kommenden Jahr ohne einen Haushalt weiterarbeiten; es werden dann monatsweise Zahlungen abgerufen, die sich auf die Budgetposten 2010 beziehen.

(Foto: dpa)

Der durchgefallene Entwurf ging vor allem auf britische Forderungen ein und fiel nach Ansicht von Parlamentariern zu dürftig aus. Die eigentlichen Budgetzahlen waren nicht mehr strittig. Demnach sollen die Zahlungen höchstens um 2,9 Prozent auf 126,5 Milliarden Euro steigen. Mit den Geldern werden hauptsächlich die Landwirtschaft und arme Regionen in der EU unterstützt. "Wir hätten den Zahlen zugestimmt", sagte die Vize-Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Parlaments, Jutta Haug (SPD).

"Schlechtes Zeichen für den nächsten Gipfel"

"Wir wollten eine Abmachung, aber ich bedaure, dass einige Mitgliedsstaaten die Tür für eine Haushaltseinigung geschlossen haben", sagte Parlamentspräsident Jerzy Buzek. Der polnische EU- Haushaltskommissar Janusz Lewandowski sagt: "Das wird sehr negativ sein, und ist ein schlechtes Zeichen für den nächsten Gipfel."

Die EU-Kommission muss nach dem missglückten Vermittlungsverfahren nun einen neuen Haushaltsentwurf vorlegen. Einen festen Termin gibt es dafür nicht.

Schon beim EU-Gipfel Ende Oktober hatte der britische Premier David Cameron eine Erklärung großer Mitgliedsstaaten - auch Deutschlands - für einen begrenzten EU-Ausgabenanstieg 2011 initiiert. Auch die Niederlande gaben sich bei den Budget-Verhandlungen als Hardliner. Das EU-Parlament sitzt beim Haushalt gleichberechtigt mit am Tisch. Es fordert Zusagen für die künftige Finanzierung der EU. Viele EU-Staaten wollten jedoch keine Debatten über sogenannte Eigenmittel oder "EU-Steuern", berichteten Diplomaten. Die EU-Haushaltsprozedur muss nun von vorne starten.

Neue Einrichtungen wie der Europäische Diplomatische Dienst können nun zwar starten, es drohen ihnen aber Finanzierungsschwierigkeiten. Parlamentarier Lamassoure machte deutlich, dass eine schwere Krise abgewendet werden könne. "Es gibt aber noch einige Wochen bis zum Ende des Jahres", sagte Lamassoure. "Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem Europäischen Rat (der Staats- und Regierungschefs) verhandeln können." Diplomaten erwarten, dass der Haushalt 2011 und die künftige Finanzierung der EU beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs Mitte Dezember in Brüssel eine zentrale Rolle spielen werden.

Die EU kann laut EU-Vertrag auch im kommenden Jahr ohne einen Haushalt weiterarbeiten; es werden dann monatsweise Zahlungen abgerufen, die sich auf die Budgetposten 2010 beziehen. Aus Diplomaten-Kreisen verlautete nun, Großbritannien, Schweden und die Niederlande wollten die politischen Forderungen der Abgeordneten nicht im Zusammenhang mit dem Haushalt besprechen. Es ist das erste Mal seit 1988, dass entsprechende Verhandlungen scheitern. Die EU hatte jüngst über Monate hinweg einen Streit über Hilfsmaßnahmen für EU-Staaten ausgefochten.

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