Erweiterung des Rettungsschirms:Merkel muss ein Zeichen für den Euro setzen

Wenn es Kanzlerin Merkel mit der Unterstützung der Reformen in Italien und Spanien ernst ist, dann sollte sie ihren Widerstand gegen einen größeren Euro-Rettungsschirm aufgeben. Eine Ausweitung wäre das Signal an die Welt und die Märkte, dass Europa zur Lösung der Krise fest entschlossen ist.

Claus Hulverscheidt

Italien, so wird kolportiert, verlangt von den Euro-Partnern, das Ausleihvolumen des Rettungsschirms EFSF von 500 Milliarden auf eine Billion Euro zu erhöhen. Ja, Herrschaftszeiten, möchte man rufen: Wann lernen diese Südeuropäer endlich, dass nicht Hilfe aus dem Ausland sie vor der Staatspleite retten wird, sondern nur eine knallharte Reformpolitik daheim?

Doch so groß der Frust über die anscheinend endlose Schuldenkrise auch sein mag: Es ist unangebracht, auf Italien einzudreschen, denn im Vergleich zur EFSF-Debatte vor einem Jahr hat sich die Situation dramatisch verändert. Erstens stehen nun Spanien und Italien im Zentrum der Krise, keine ökonomischen Zwerge, sondern Schwergewichte. Und zweitens stellt sich die innenpolitische Lage in den betroffenen Ländern anders dar - etwa in Italien, wo der reformunfähige Regierungschef Berlusconi durch den reformwilligen Monti ersetzt wurde. Es ist daher ein gewaltiger Unterschied, ob die italienische Regierung des Jahres 2012 oder jene von 2011 um einen größeren Schutzschirm bittet. Auch hat Monti recht, dass die Menschen in den Krisenstaaten den harten Sparkurs ihrer Regierungen nur mittragen, solange sie ihn für halbwegs erfolgversprechend halten.

Wenn es Kanzlerin Merkel mit der Unterstützung der Reformer in Rom und Madrid also ernst ist, dann sollte sie ihren Widerstand gegen einen größeren Schutzschirm aufgeben. Eine Ausweitung wäre nicht nur das Signal an die Welt und die Märkte, dass Europa zur Lösung der Krise fest entschlossen ist. Sie wäre auch relativ leicht umsetzbar: Der EFSF und der Mitte 2012 startende dauerhafte Hilfsfonds ESM müssten einfach nur eine Zeit lang nebeneinander bestehen bleiben.

Zugleich könnte Merkel so dem allerorten aufkeimenden Unmut über die angeblich so sparwütigen wie herzlosen Deutschen begegnen. Das gilt umso mehr, als einige der Vorwürfe berechtigt sind. So gehört Deutschland dank niedriger Anleihezinsen bis dato zu den wenigen Krisengewinnlern. Zudem hat Merkel die Turbulenzen durch ihre - politische richtige, aber ökonomisch falsche - Entscheidung verschärft, die Banken an den Kosten der Griechenland-Umschuldung zu beteiligen. Und schließlich: Wer wie die Kanzlerin zu Recht sowohl Euro-Bonds als auch den Einsatz der Europäischen Zentralbank als Krisenfeuerwehr ablehnt, muss umgekehrt auch bereit sein, selber stärker ins Risiko zu gehen.

So mancher Bundesbürger hatte vielleicht über Weihnachten den Eindruck gewonnen, die Schuldenkrise habe sich in Luft aufgelöst. Das Gegenteil ist richtig, die Entscheidung darüber, ob sich die Dinge zum Besseren wenden oder die Turbulenzen erneut in eine globale Rezession münden, steht erst noch bevor. Eine zweite Weltwirtschaftskrise aber wäre verheerend, da die Staatengemeinschaft anders als 2009 kaum noch Mittel hätte gegenzusteuern. Es liegt also im eigenen Interesse Deutschlands, alles zu tun, um eine solche Eskalation zu verhindern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: